Bundesgerichtshof
Mitteilung der Pressestelle Nr. 28/1997
Das Magazin FOCUS stellte im Jahr 1993 in mehreren Artikeln eine
Vielzahl von Rechtsanwälten mit Namen, Kanzleisitz und Telefonnummer sowie mit ihrem speziellen Tätigkeitsgebiet vor. Es bezeichnete sie als die „Besten“. Eine entsprechende Serie hatte FOCUS auch für Ärzte unter dem Titel „Die 500 besten Ärzte Deutschlands“ begonnen. Die jeweiligen berufständischen Kammern Bayerns haben dies als eine unzulässige Werbemaßnahme beanstandet. Der für Wettbewerbssachen zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes bestätigte nunmehr die vom Oberlandesgericht München ausgesprochenen Verbote und wies die Revisionen des Nachrichtenmagazins FOCUS und seines Chefredakteurs zurück.
Zur Begründung führt der Bundesgerichtshof aus, FOCUS fördere in rechtlich unzulässiger Weise den Wettbewerb der namentlich genannten Rechtsanwälte und Ärzte, indem es sie als die besten des Landes bezeichne. Die von FOCUS zur Ermittlung der „Bestenliste“ angeführten
Bewertungskriterien, wie beispielsweise die „Reputation unter Kollegen“ oder die „Präsenz in Fachkreisen“, seien nicht objektiv und sachlich nachprüfbar und ließen deshalb nicht die superlative Bewertung der vorgestellten Rechtsanwälte und Ärzte zu. Für dieses Übermaß an Werbung zugunsten der genannten Personen – und zu Lasten der namentlich nicht genannten, möglicherweise gar besser qualifizierten Rechtsanwälte oder Ärzte – stehe dem Nachrichtenmagazin das Presseprivileg des Art. 5 Abs. 1 GG nicht zu. Eine redaktionelle Berichterstattung dürfe nicht über das mit dem Informationsinteresse notwendigerweise verbundene Maß hinaus Werbung enthalten, insbesondere nicht wie in den Streitfällen solche, die auf täuschenden Elementen über ein objektives Auswahlverfahren aufbaue und zugleich zu einer Beeinträchtigung der nicht in die „Bestenliste“ aufgenommenen Berufsangehörigen führe.
Es stand nicht zur Entscheidung, ob eine Berichterstattung als solche, die sich mit namentlich genannten Anwälten und Ärzten befaßt, wettbewerbsrechtlich angreifbar sein könnte.
– I ZR 154/95 (betr.: Rechtsanwälte) –
– I ZR 196/94 (betr.: Ärzte) –
Karlsruhe, den 30. April 1997