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Akten-Zeichen: Bundesgerichtshof XI ZR 5/97

Verkündet am 21 Oktober 1997

Bundesgerichtshof

Im Namen des Volkes

Urteil

In dem Rechtsstreit

der XYZ Deutschland GmbH (Name geändert), Düsseldorf, vertreten durch den Geschäftsführer …, ebenda,

– Klägerin –

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

gegen

Herrn …, Darmstadt


– Beklagter –

Prozeßbevollmächtigte: Rechtsanwälte …

hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes auf die mündliche Verhandlung vom 21. Oktober 1997 durch den Vorsitzenden Richter Schimansky und die Richter Dr. Schramm, Nobbe, Dr. van Gelder und Dr. Müller

für R e c h t erkannt:

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Kartellsenats des Kammergerichts Berlin vom 18. September 1996 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

Der klagende Verbraucherschutzverein hat nach seiner Satzung die Aufgabe, die Interessen der Verbraucher durch Aufklärung und Beratung wahrzunehmen. Die beklagte Bank verwendet gegenüber ihren Kunden Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) mit dem Hinweis auf ein Preisverzeichnis. Unter der Überschrift „Preisverzeichnis Preise für Dienstleistungen im normalen Geschäftsverkehr mit Privatkunden“ heißt es u.a.:

Dauerauftrag – Nichtausführung mangels Deckung 3,00 DM
Überweisung – Nichtausführung mangels Deckung 3,00 DM
Scheck – Scheckrückgabe bis 100,00 DM, – 5,00 DM über 100,00 DM, 10,00 DM
– Lastschriftrückgabe bis 100,00 DM, – 5,00 DM über 100,00 DM, 10,00 DM

Im Verfahren nach § 13 AGBG verlangt der Kläger von der Beklagten, die Verwendung dieser Entgeltklauseln zu unterlassen. Das Landgericht und das Berufungsgericht, dessen Urteil in WM 1997, 60 veröffentlicht ist, haben der Klage stattgegeben. Mit der – zugelassenen – Revision verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hält alle angesprochenen Vergütungsklauseln für unwirksam (§ 9 Abs. 1 AGBG) . Zur Begründung hat es im wesentlichen folgendes ausgeführt:

Bei den streitigen Klauseln handele es sich um nach § 8 AGBG kontrollfähige (Preis-)Nebenabreden für irreguläre Geschäftsvorfälle innerhalb der zwischen den Parteien bestehenden Geschäftsbeziehung. Soweit die Störungen des Zahlungsverkehrs auf einem vertragswidrigen Verhalten des Kunden (z.B. Ausstellung von Schecks ohne ausreichendes Guthaben oder Erteilung ungedeckter Überweisungsaufträge) beruhten, seien die Formularabreden nicht zu beanstanden, da der beklagten Bank insoweit ohnehin ein Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung oder ein Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB zustehe. Ihrem weiten Wortlaut nach erfaßten die Klauseln aber auch die Fälle,
in denen die Bank die fehlende Deckung durch Fehlbuchungen selbst verursacht habe. Das bei der Verbandsklage gemäß § 13 AGBG geltende Prinzip der kundenfeindlichsten Auslegung führe deshalb zu der Annahme, daß die Beklagte aufgrund der Klausel den Kunden sogar dann mit einem Entgelt belasten könne, wenn sie für die Deckungslücke allein verantwortlich sei. Daß völlig fernliegende Auslegungsmöglichkeiten selbst im Verfahren nach § 13 AGBG außer Betracht zu bleiben hätten, rechtfertige keine andere Beurteilung, weil das Fehlbuchungsrisiko insgesamt gesehen keine zu vernachlässigende Größe darstelle.

Zudem seien die beiden Scheckklauseln nicht transparent, da weder eine Eingrenzung auf eine mangelnde Deckung noch auf zu Lasten des Kontoinhabers gezogene Schecks vorgenommen worden sei. Auch Fälle der Rückgabe von zur Gutschrift auf das Konto eingereichter Schecks könnten durch die Klauseln erfaßt werden und unter anderem dann eine Vergütungspflicht des Kunden auslösen, wenn die Beklagte den Formfehler der Scheckurkunde schon am Schalter hätte erkennen müssen. Darüber hinaus nehme die für den Lastschriftverkehr geschaffene Regelung auf das dem Kunden im Bereich des Einzugsermächtigungsverfahrens zustehende Widerspruchsrecht keine Rücksicht.

II.

Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung zwar in wesentlichen Punkten nicht stand; das Ergebnis ist aber nicht zu beanstanden.

1. Zutreffend ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, es handele sich bei den angegriffenen Klauseln um preisregelnde Bestimmungen, die trotz § 8 AGBG der Inhaltskontrolle unterlägen.

Der Verwender von Allgemeinen Geschäftsbedingungen kann nach allgemeinen Grundsätzen Entgelte nur für Leistungen verlangen, die er auf rechtsgeschäftlicher Grundlage für den einzelnen Kunden erbringt. Jede Entgeltregelung, die sich nicht auf eine solche Leistung stützt, sondern die Aufwendungen für die Erfüllung eigener Pflichten oder für Zwecke des Verwenders abzuwälzen versucht, stellt deshalb eine Abweichung von Rechtsvorschriften dar. Der Bundesgerichtshof hat sich demgemäß bisher in ständiger Rechtsprechung (BGHZ 114, 330, 333; 124, 254, 256 ff.; Senatsurteile vom 7. Mai 1996 – XI ZR 217/95, WM 1996, 1080, 1082, zur Veröffentlichung in BGHZ 133, 10 vorgesehen, und vom 15. Juli 1997 – XI ZR 269/96, ZIP 1997, 1638, für BGHZ vorgesehen) durch § 8 AGBG nicht gehindert gesehen, Preisklauseln daraufhin zu überprüfen, ob ihnen eine echte (Gegen-)Leistung zugrunde liegt. Daß für die vorliegenden Gebührenklauseln andere Grundsätze gelten, vermag die Revision nicht aufzuzeigen.

2. Nicht gefolgt werden kann dagegen dem Berufungsgericht, soweit es der Ansicht ist, die streitigen Bestimmungen entsprächen bei einer Deckungslücke oder der Einreichung eines formungültigen Schecks entweder dem haftungsrechtlichen Verschuldensprinzip oder der in § 670 BGB normierten Aufwendungsersatzregelung.

a) Bei der den Gegenstand der Vergütungsregelungen bildenden Prüfung ausreichender Deckung wird die beklagte Bank ausschließlich im eigenen Interesse tätig.

Die Bank ist zur Ausführung von Daueraufträgen und Überweisungen sowie zur Einlösung einer Lastschrift oder eines auf das Konto ihres eigenen Kunden gezogenen Schecks aus dem Girovertrag, einem Geschäftsbesorgungsvertrag, nur verpflichtet, wenn ausreichende Deckung in Form eines entsprechenden Giroguthabens oder einer offenen Kreditlinie vorhanden ist. Sie ist andererseits nicht gehindert, eine durch die Belastungsbuchung eintretende Überziehung des Kontos hinzunehmen (siehe dazu Schimansky in Schimansky/ Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 49 Rdn. 11). Entscheidet sie sich bei fehlender Deckung für die Nichtausführung, so liegt in ihrer berechtigten Weigerung, die entsprechende girovertragliche Weisung des Kunden gemäß §§ 665, 675 BGB zu erfüllen, keine Leistung und folglich kein eine Vergütungspflicht auslösender Tatbestand. Bei der Nichteinlösung von Lastschriften kommt hinzu, daß die Bank in dem die Regel bildenden Einzugsermächtigungsverfahren die Kontobelastung ohne eine entsprechende Einzelweisung ihres Kunden vornimmt (siehe dazu Senatsurteil vom 14. Februar 1989 – XI ZR 141/88, WM 1989, 520, 521; van Gelder in Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch § 58 Rdn. 53 m.w.Nachw.), ihre Erfülllungsverweigerung sich also als die Nichtausführung eines Auftrags der Gläubigerbank im Rahmen des Lastschriftabkommens (vgl. auch dazu van Gelder aaO Rdn. 115 ff. m.w.Nachw.) darstellt. Die bei der Prüfung ausreichender Deckung entstehenden Aufwendungen kann sie deshalb auch nicht nach § 670 BGB von dem Kunden ersetzt verlangen, da der gesetzliche Anspruch auf Wertersatz (siehe etwa Staudinger/Wittmann, BGB 13. Bearb. § 670 Rdn. 8) ein für den Beauftragten erbrachtes Vermögensopfer voraussetzt. Ob das von der beklagten Bank berechnete Entgelt den einzelnen Kunden mehr oder weniger stark belastet, ist im Rahmen der Verbandsklage nach §§ 13 ff. AGBG, die dem Rechtsverkehr im ganzen dient, ohne Belang (BGHZ 124, 254, 260).

Für den Fall daß die Beklagte aufgrund der beanstandeten Scheckklausel – wie vom Berufungsgericht angenommen – ein pauschaliertes Entgelt für die Rückgabe eines formungültigen Schecks berechnen sollte, so liegt auch dieser Regelung keine Geschäftsbesorgung oder Dienstleistung zugrunde.

b) Ob die durch eine im Einzelfall erforderliche Benachrichtigung des betroffenen Kunden über die Nichteinlösung (siehe dazu BGH, Urteil vom 28. Februar 1989 – XI ZR 80/88, WM 1989, 625) entstehenden Aufwendungen eine Leistung darstellen und demzufolge ersatzfähig sind, kann offenbleiben, da es nach dem Vorbringen der Beklagten bei den vorliegenden Klauseln nicht um den Ersatz dieser Auslagen geht.

3. Die angegriffenen Bestimmungen lassen sich auch nicht als wirksame Schadenspauschalierungen halten.

Dabei bedarf die Frage, ob der Kunde, der eine General- oder Einzelweisung erteilt und nicht rechtzeitig für ausreichende Deckung gesorgt oder einen formungültigen Scheck zur Gutschrift auf sein Konto eingereicht hat, wegen Verletzung seiner girovertraglichen Pflichten gegenüber der kontoführenden Bank schadensersatzpflichtig wäre, keiner Entscheidung. Jedenfalls wären die von der Beklagten verwendeten Klauseln, wenn man in ihnen eine pauschalierte Schadensersatzregelung sehen wollte, wegen Verstoßes gegen § 11 Nr. 5 b AGBG unwirksam.

Gemäß § 11 Nr. 5 b AGBG dürfen Pauschalierungsklauseln dem Kunden nicht den Nachweis eines überhaupt nicht oder wesentlich niedriger eingetretenen Schadens abschneiden. Zwar verlangt das Gesetz nicht, daß die Klauseln den besonderen Hinweis enthalten, dem Kunden bleibe der Nachweis eines wesentlich geringeren Schadens vorbehalten. Der Nachweis wird jedoch abgeschnitten, wenn der rechtsunkundige Durchschnittskunde nach der Fassung der AGB-Regelung davon ausgehen muß, daß er sich nicht auf einen im Einzelfall wesentlich niedrigeren Schaden des Verwenders berufen kann. Infolgedessen sind alle Pauschalierungsklauseln nach § 11 Nr. 5 b AGBG unzulässig, die den Kunden für den Fall der schuldhaften Vertragsverletzung eine Schadensersatzleistung in fester Höhe befehlen (siehe etwa BGH, Urteil vom 5. März 1987 – III ZR 43/86, NJW 1987, 2220, 2222) oder ihm auf andere Weise den Weg zur Einwendung eines wesentlich niedrigeren Schadens (vgl. Hensen in Ulmer/ Brandner/Hensen, AGBG 7. Aufl. § 11 Nr. 5 Rdn. 18 m.w. Nachw.) verschließen. Für die vorliegenden Klauseln ergäbe sich nichts anderes. Denn da sie den eindeutigen Wortlaut nach Gebühren für „Dienstleistungen“ festsetzen, wird für den Kunden nicht einmal deutlich, daß die Beklagte eine der Höhe nach pauschal erhobene Schadensersatzforderung oder einen Anspruch in Höhe des gewöhnlich entstehenden bzw. des durchschnittlichen Schadens geltend machen will.

III.

Die Revision der Beklagten war deshalb als unbegründet zurückzuweisen.




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