DPMA – Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen (Prüfungsrichtlinien) vom 1. März 2004 in Deutschland (Stand: Nov. 2009)




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Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen
(Prüfungsrichtlinien) des Deutschen Patent- und Markenamtes


mitgeteilt und bearbeitet von Dr. jur. H. Jochen Krieger
Rechtsanwalt in Düsseldorf






TT-BEGRIFF
Deutschland
Patentrecht
Prüfung
Prüfungs-RL
TRANSPATENT
TT-ZAHL
DE597
2605
401
Dezember 2009

Zitierhinweis :
http://transpatent.com/gesetze/prl.html

Letzte Änderung: 08.12.2009

Richtlinien für die Prüfung von Patentanmeldungen
(Prüfungsrichtlinien)

Vom 1. März 2004

(MittPräsDPA Nr. 6/2004 vom 28. Januar 2004; BlPMZ 3/2004, S. 69 ff.)

In Kraft getreten am 1. März 2004

P 2796 11.09


Inhaltsverzeichnis


1. Vorbemerkung


2. Erfordernisse der Anmeldung, Offensichtlichkeitsprüfung

3. Prüfungsverfahren


4. Besondere Verfahrensarten und Anmeldungsgegenstände

5. Ergänzende Regelungen für die Prüfung von Patentanmeldungen und Patenten mit Ursprung in der früheren DDR


1. Vorbemerkung

Diese Richtlinien treten an die Stelle der Richtlinien vom 2. Juni 1995 (BlPMZ 1995, 269).

Die Richtlinien dienen dazu, eine einheitliche und zügige Prüfung der Patentanmeldungen zu gewährleisten (siehe auch § 12 der Verordnung über das Deutsche Patent- und Markenamt – DPMAV): Die Gleichbehandlung aller Anmelder ist ein rechtsstaatliches Gebot. Daher sind alle Prüfer gehalten, die Prüfung der Patentanmeldungen gemäß den nachstehenden Richtlinien durchzuführen. Selbstverständlich sind Gesetzesänderungen und die Weiterentwicklung der Rechtsprechung sowie die Besonderheiten des Einzelfalles zu berücksichtigen.

Die Veröffentlichung der Richtlinien dient dazu, die Anmelder über die Arbeitsweise der Prüfer zu unterrichten.

Die Qualität der Patentprüfung hängt auch von der Mitwirkung der Anmelder ab. So führen unübersichtliche und uneinheitliche Unterlagen zu Verzögerungen der Bearbeitung und zu unerwünschten Ergebnissen (vgl. auch Abschnitt 3.3.3.4.).

2. Erfordernisse der Anmeldung, Offensichtlichkeitsprüfung

2.1. Anmeldetag, Mindesterfordernisse (§§ 34, 35 PatG)

Anmeldetag der Patentanmeldung ist der Tag, an dem die Unterlagen nach § 34 Abs. 3 Nr. 1 und 2 PatG und, soweit sie jedenfalls Angaben enthalten, die dem Anschein nach als Beschreibung anzusehen sind, nach § 34 Abs. 3 Nr. 4 PatG


  1. beim Deutschen Patent- und Markenamt oder

  2. bei einem Patentinformationszentrum, wenn diese Stelle durch Bekanntmachung des Bundesministeriums der Justiz im Bundesgesetzblatt dazu bestimmt ist,

eingegangen sind (§ 35 Abs. 2 Satz 1 PatG).

Sind die Unterlagen nicht in deutscher Sprache abgefasst, so gilt dies nur, wenn die deutsche Übersetzung innerhalb der Frist nach § 35 Abs. 1 Satz 1 PatG beim Deutschen Patent- und Markenamt eingegangen ist; andernfalls gilt die Anmeldung als nicht erfolgt.

Die Übersetzung muss beglaubigt sein (vgl. § 14 der Patentverordnung – PatV – vom 1. September 2003 (BGBl. I S. 1702, BlPMZ 2003, S. 322).

Reicht der Anmelder auf eine Aufforderung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 PatG oder auf eigene Initiative fehlende Zeichnungen nach, so wird der Tag des Eingangs der Zeichnungen beim Deutschen Patent- und Markenamt zum Anmeldetag; andernfalls gilt jede Bezugnahme auf Zeichnungen als nicht erfolgt.

Gemäß § 34 Abs. 3 Nr. 1, 2 und 4 PatG muss die Anmeldung enthalten:


  • den Namen des Anmelders,

  • einen Antrag auf Erteilung des Patents, in dem die Erfindung kurz und genau bezeichnet ist und

  • eine Beschreibung der Erfindung.

Sind die in § 35 Abs. 2 PatG genannten Mindesterfordernisse erfüllt, liegt eine rechtswirksame Patentanmeldung vor. Werden diese Anforderungen nacheinander erfüllt, so liegt eine wirksame Anmeldung erst dann vor, wenn die letzte Anforderung erfüllt ist. Werden die Mindesterfordernisse nicht erfüllt, so ist für eine Zurückweisung einer derartigen „Anmeldung“ kein Raum. Vielmehr ist nach Gewährung des rechtlichen Gehörs durch Beschluss festzustellen, dass die Eingabe keine rechtswirksame Patentanmeldung ist (vgl. BPatGE 26, 198).

2.2. Offensichtlichkeitsprüfung (§ 42 PatG)

Ist eine rechtswirksame Anmeldung eingegangen (vgl. Abschnitt 2.1.) und genügt diese offensichtlich nicht den Anforderungen der §§ 34, 36, 37 und 38 PatG, fordert die Prüfungsstelle den Anmelder auf, die Mängel innerhalb einer bestimmten Frist zu beseitigen (§ 42 Abs. 1 Satz 1 PatG). Liegt lediglich ein Verstoß gegen Bestimmungen der PatV vor, kann die Prüfungsstelle bis zum Beginn des Prüfungsverfahrens (§ 44 PatG) von der Beanstandung der Mängel absehen (§ 42 Abs. 1 Satz 2 PatG).

Ist offensichtlich, dass der Gegenstand der Anmeldung

    a) seinem Wesen nach keine Erfindung ist,

    b) nicht gewerblich anwendbar ist,

    c) nach § 2 PatG von der Patenterteilung ausgeschlossen ist, oder

    d) im Falle des § 16 Abs. 1 Satz 2 PatG (Zusatzpatent) eine Verbesserung oder weitere Ausbildung der anderen Erfindung nicht bezweckt,

benachrichtigt die Prüfungsstelle den Anmelder hiervon unter Angabe der Gründe und fordert ihn auf, sich innerhalb einer bestimmten Frist zu äußern (§ 42 Abs. 2 PatG). Das Gleiche gilt, wenn im Falle des § 16 Abs. 1 Satz 2 PatG die Zusatzanmeldung nicht innerhalb der vorgesehenen Frist eingereicht worden ist.

Die Prüfungsstelle weist die Anmeldung zurück (§ 42 Abs. 3 Satz 1 PatG), wenn


  • die von ihr gerügten Mängel nicht beseitigt werden oder

  • die Anmeldung aufrechterhalten wird, obgleich eine patentfähige Erfindung offensichtlich nicht vorliegt (§ 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3 PatG), oder

  • die Voraussetzungen für ein Zusatzpatent offensichtlich nicht gegeben sind (§ 16 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 42 Abs. 2 Nr. 4 PatG).

2.3. Zuständigkeit

Die Prüfung der Anmeldung auf offensichtliche formelle Mängel obliegt, soweit nichts anderes bestimmt ist, den Sachbearbeitern des gehobenen und mittleren Dienstes nach Maßgabe der Wahrnehmungsverordnung. Die Offensichtlichkeitsprüfung auf materiellrechtliche Mängel nach § 42 Abs. 2 PatG sowie auf unzureichende Offenbarung (§ 34 Abs. 4 PatG), mangelnde Einheitlichkeit (§ 34 Abs. 5 PatG) und unzulässige Erweiterung (§ 38 PatG), wird ausschließlich von den fachlich zuständigen Prüfern durchgeführt.

2.4. Offensichtlichkeit

Bei der Prüfung nach § 42 Abs. 1 und 2 PatG sind nur Mängel zu rügen, die offensichtlich sind. Offensichtlich ist ein Mangel dann, wenn der Prüfer ihn bei der Durchsicht der Unterlagen anhand seiner Sach- und Fachkenntnisse zweifelsfrei erkennen kann, ohne z.B. zusätzliche Ermittlungen und Nachforschungen anzustellen. Der Mangel muss so deutlich erkennbar sein, dass die Bejahung eines Mangels allenfalls einer kurzen Begründung bedarf (vgl. BGH in BlPMZ 1971, 371, 373 – Isomerisierung –).

Ist für den Prüfer der Mangel nicht zweifelsfrei oder erst nach längerem Studium der Unterlagen erkennbar, ist dies ein Indiz dafür, dass der Mangel nicht offensichtlich im Sinne von § 42 PatG ist. Rechtliche Mängel können in der Regel nur dann im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung beanstandet werden, wenn dazu gesicherte Rechtsprechung vorliegt.

Die Offensichtlichkeitsprüfung der Zusammenfassung erstreckt sich nur auf die in § 36 Abs. 2 PatG und in der PatV bestimmten Formerfordernisse.

2.5. Formelle Mängel

Formelle Mängel, die im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung beanstandet werden können, liegen insbesondere vor, wenn


a) der Patenterteilungsantrag unvollständig ist oder vom Inhalt der Vollmacht abweicht,

b) zweifelhaft ist, ob das Patent für den Anmelder unter seiner Firma oder unter seinem bürgerlichen Namen beantragt wird,

c) bei mehreren Anmeldern ohne gemeinsamen Vertreter ein Zustellungsbevollmächtigter nicht benannt ist oder die Unterschrift sämtlicher Mitanmelder nicht vorliegt,

d) Teile der Anmeldungsunterlagen (Patentansprüche, Beschreibung, ggf. Zeichnungen sowie die Zusammenfassung – Text und ggf. Zeichnung -) nach §§ 34 bis 36 PatG fehlen,

e) die Vollmachtsurkunde für den oder die im Antrag angegebenen Vertreter unvollständig ist oder fehlt, sofern es sich um keine anwaltlichen Vertreter im Sinne von § 18 Abs. 3 DPMAV handelt [Neu: § 15 Abs. 4],

f) bei Anmeldern, die im Inland weder Wohnsitz noch Niederlassung haben, eine eingereichte Vollmachtsurkunde nicht den Erfordernissen des
§ 25 PatG entspricht,

g) die Bezeichnung der Erfindung (§ 34 Abs. 3 Nr. 2 PatG) nicht kurz und genau ist, oder

h) die Erfinderbenennung (§ 37 PatG) fehlt oder unvollständig ist.

2.5.1. Erfinderbenennung

Die Erfinderbenennung ist innerhalb von 15 Monaten nach dem Anmeldetag oder, sofern für die Anmeldung ein Prioritätstag in Anspruch genommen wird, innerhalb von 15 Monaten nach diesem Tag einzureichen. Macht der Anmelder glaubhaft, dass er durch außergewöhnliche Umstände gehindert ist, diese Erklärung rechtzeitig abzugeben, so ist ihm eine angemessene Fristverlängerung zu gewähren (§ 37 Abs. 2 PatG).

Hat sich der Anmelder als alleiniger Erfinder benannt, so muss die Erklärung nicht auf einem gesonderten Schriftstück eingereicht werden, es sei denn, ein Antrag auf Nichtnennung wird gestellt (vgl. BPatG in BlPMZ 1979, 181).

2.5.2. Anmeldegebühr

Mit der Anmeldung ist eine Gebühr nach dem Patentkostengesetz zu zahlen (§ 2 Abs. 1 PatKostG). Wird die Gebühr nicht innerhalb von drei Monaten ab Einreichung der Anmeldung bezahlt, so gilt die Anmeldung als zurückgenommen (§§ 3, 6 PatKostG).

2.5.3. Verstöße gegen die PatV

Verstöße gegen die PatV sind nur zu rügen, wenn sie den Druck der Offenlegungsschrift behindern oder unmöglich machen. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich die Unterlagen infolge mangelhafter Qualität als Druckvorlage nicht eignen, bzw. die Vorschriften über das Format oder die weiteren in den §§ 5, 6, 11, 12, 13 und 15 PatV genannten Anforderungen nicht eingehalten sind. Im Interesse der Öffentlichkeit ist an die Qualität der Unterlagen, insbesondere an ihre Lesbarkeit, ein strenger Maßstab anzulegen.

2.5.4. Mängel bei Patentansprüchen und Beschreibung

Hinsichtlich des Inhalts und Aufbaus der Patentansprüche und der Beschreibung sind bei der Offensichtlichkeitsprüfung nur schwerwiegende Mängel zu beanstanden (ansonsten siehe Abschnitt 3.3.3.6.).

2.6. Erfordernisse gemäß § 42 Abs. 2 PatG

2.6.1. Dem Patentschutz nicht zugängliche Anmeldungsgegenstände

Der Gegenstand einer Anmeldung ist nur dann seinem Wesen nach eine Erfindung, wenn er auf einem Gebiet der Technik liegt. Hierzu wird auf die Abschnitte 3.3.3.2.1. und 4.3. verwiesen.

Erfüllt ein Gegenstand diese Voraussetzung offensichtlich nicht oder handelt es sich offensichtlich um einen der in § 1 Abs. 2 und 3 PatG genannten Gegenstände, ist die Anmeldung zu beanstanden.

Hingegen werden in der Offensichtlichkeitsprüfung Neuheit und erfinderische Tätigkeit nicht geprüft.

2.6.2. Gewerbliche Anwendbarkeit (§ 5 PatG)

Zur gewerblichen Anwendbarkeit wird auf Abschnitt 3.3.3.2.4. verwiesen. Auch das Fehlen der gewerblichen Anwendbarkeit muss sich bei der Offensichtlichkeitsprüfung ohne Zweifel und weitere Nachforschungen aus den Anmeldeunterlagen ergeben.

So können in der Offensichtlichkeitsprüfung rein medizinische Heil- oder Diagnoseverfahren beanstandet werden, für die zweifelsfrei keine andere Verwendung in Frage kommt.

2.6.3. Patentierungsverbote (§ 2 PatG)

Patentierungsverbote bestehen für Erfindungen, deren Veröffentlichung oder Verwertung gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten verstoßen, und für Pflanzensorten oder Tierarten sowie für im Wesentlichen biologische Verfahren zur Züchtung von Pflanzen und Tieren.

Zu beachten ist hierbei, dass sich der Gesetzeswortlaut an Art. 4quater Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) anlehnt. Danach kann die Erteilung eines Patents nicht deswegen verweigert werden, weil der Vertrieb des patentierten Erzeugnisses oder des Erzeugnisses, das das Ergebnis eines patentierten Verfahrens ist, Beschränkungen durch die nationale Gesetzgebung unterworfen ist.

Wenn aber die die einzig mögliche Veröffentlichung oder Verwertung einen Verstoß gegen die öffentliche Ordnung oder die guten Sitten bedeuten würde, wirken sich gesetzliche Herstellungs- und Verwertungsverbote (z.B. im Gesetz über die Kontrolle von Kriegswaffen – BGBl. I 1990, 2507 – oder im Gesetz zum Schutze von Embryonen – BGBl. I 1990, 2746 – oder lebensmittelrechtliche Vorschriften) patenthindernd aus.

2.6.4. Zusatzanmeldungen

Wegen der Behandlung von Zusatzanmeldungen wird auf Abschnitt 4.1. verwiesen.

Gemäß § 42 Abs. 2 Satz 2 PatG ist zu prüfen, ob die Zusatzanmeldung innerhalb der vorgesehenen Frist eingereicht worden ist. Dabei ist zunächst festzustellen, ob die Hauptanmeldung oder das Hauptpatent noch in Kraft ist.

Mängel werden im Rahmen der Prüfung nach § 42 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 PatG nur beanstandet, wenn der Gegenstand der Zusatzanmeldung offensichtlich weder eine Verbesserung noch eine weitere Ausbildung des Gegenstandes des Hauptpatents ist. Ein Zusatzpatent kann deshalb nur auf solche Gegenstände erteilt werden, die zusammen mit dem Hauptpatent ebenfalls als einheitliche Erfindung (siehe dazu Abschnitt 2.7 und 3.3.3.4) hätten angemeldet werden können.

2.7. Einheitlichkeit

Wegen des Erfordernisses der Einheitlichkeit wird auf Abschnitt 3.3.3.4. verwiesen.

Die Offensichtlichkeitsprüfung bezweckt in diesem Zusammenhang, dass mehrere Erfindungen, die offensichtlich nichts miteinander zu tun haben, nicht in einer Anmeldung missbräuchlich zusammengefasst werden. Offensichtliche Uneinheitlichkeit ist aber zu verneinen, wenn eine technisch sinnvolle und – vor Berücksichtigung des Standes der Technik – auch einheitliche Aufgabe angegeben werden kann, zu deren Lösung alle Teile der Anmeldung erforderlich oder zumindest dienlich sind (BPatGE 21, 243).

2.8. Abschluss der Offensichtlichkeitsprüfung

Hat der Prüfer keine offensichtlichen Mängel festgestellt, vermerkt er dies in den Akten.

Widerspricht der Anmelder einer Mängelrüge und legt er die Gründe für seine Auffassung dar, soll ein weiterer Bescheid nur in Ausnahmefällen ergehen. Sind die Gründe stichhaltig, ist die Beanstandung fallen zu lassen. Wenn die vom Anmelder dargelegten Gründe nicht überzeugen, ist die Anmeldung mit kurz gehaltener Begründung zurückzuweisen.

Im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung ist bei einem Schriftwechsel mit dem Anmelder darauf zu achten, dass die abschließende Entscheidung (Zurückweisung der Anmeldung oder Fallenlassen der Beanstandung) spätestens 4 Monate nach dem Anmeldetag ergeht. Dies ist insbesondere in den Fällen erforderlich, in denen eine Priorität in Anspruch genommen wird, um den Druck der Offenlegungsschrift noch mit den berichtigten Unterlagen zu ermöglichen.

Ist der Abschluss der Offensichtlichkeitsprüfung nicht rechtzeitig möglich, wird die Offenlegungsschrift mit unberichtigten Unterlagen gedruckt.

Wegen weiterer Einzelheiten zu den Unterlagen für die Offenlegungsschrift wird auf Abschnitt 4.4. verwiesen.

2.9. Hinweis auf Teilung

Wegen der Möglichkeit der Teilung einer Anmeldung durch den Anmelder wird auf den Abschnitt 3.3.3.5. verwiesen.

2.10. Hinweis auf Prioritätsrechte

Wegen der Möglichkeit der Inanspruchnahme von Prioritätsrechten wird auf den Abschnitt 3.3.3.7. verwiesen.

Die materielle Berechtigung der Inanspruchnahme einer Priorität, sei es einer inländischen oder einer ausländischen Priorität, ist im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung nicht zu prüfen (vgl. BPatGE 28, 31).

2.11. Fristgewährung

Wegen der Einzelheiten der Fristgewährung wird auf den Abschnitt 3.5. verwiesen.

Bei der Offensichtlichkeitsprüfung nach § 42 PatG kann die Frist für die Erwiderung auf Sachbescheide von vier Monaten auf zwei Monate abgekürzt werden, wenn andernfalls die Offensichtlichkeitsprüfung nicht vor der Offenlegung der Anmeldung abgeschlossen werden kann.

3. Prüfungsverfahren

3.1. Prüfungsantrag (§ 44 PatG)

Das Prüfungsverfahren nach § 44 PatG setzt einen rechtswirksamen Prüfungsantrag voraus (§ 44 Abs. 1 PatG).

Der Prüfungsantrag kann von dem Patentanmelder und jedem Dritten bis zum Ablauf von 7 Jahren nach Einreichung der Anmeldung gestellt werden (§ 44 Abs. 2 PatG). Er setzt eine anhängige Anmeldung voraus und kann auch gleichzeitig mit der Anmeldung gestellt werden. Ist der Antrag von einem Dritten gestellt worden, wird dies dem Anmelder mitgeteilt (§§ 44 Abs. 3 Satz 2, 43 Abs. 3 Satz 2 PatG).

Wer im Inland weder Wohnsitz, Sitz noch Niederlassung hat, kann einen wirksamen Prüfungsantrag nur stellen, wenn er im Inland einen Patentanwalt, einen Rechtsanwalt oder einen gemäß § 160 Patentanwaltsordnung (PAO) i.V.m. § 178 der
Patentanwaltsordnung (PatAnwO) (in der bis 31. August 2009 geltenden
Fassung) vertretungsberechtigten Erlaubnisscheininhaber als Vertreter bestellt hat (§§ 43 Abs. 2 Satz 3, 25 PatG). Auf die Bestimmungen gemäß § 25 Abs. 2 PatG für Vertreter, die Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, wird hingewiesen.

Mit dem Antrag ist eine Gebühr nach dem Patentkostengesetz (PatKostG) zu zahlen. Die Zahlung der Gebühr kann bis zum Ablauf der 7-Jahres-Frist für die Stellung des Prüfungsantrags nachgeholt werden (§ 44 Abs. 2 PatG, §§ 2, 3, 6 PatKostG). Der Prüfungsantrag wird jedoch erst bearbeitet, wenn die Gebühr gezahlt ist (§ 5 Abs. 1 PatKostG).

Ist ein Rechercheantrag nach § 43 PatG vor oder zusammen mit dem Prüfungsantrag gestellt worden, beginnt das Prüfungsverfahren erst nach Erledigung des Rechercheantrags. Sind Anhaltspunkte dafür erkennbar, dass eine gesonderte Recherche nach § 43 PatG nicht gewollt ist, ist dies von der Prüfungsstelle mit dem Anmelder abzuklären.

Wird der Prüfungsantrag für die Anmeldung eines Zusatzpatents gestellt, muss ein Prüfungsantrag auch für die Anmeldung des Hauptpatents gestellt werden. Der Anmelder ist hierzu unter Fristsetzung von einem Monat aufzufordern (§§ 44 Abs. 3 Satz 2, 43 Abs. 2 Satz 4 PatG). Folgt der Anmelder dieser Aufforderung nicht, gilt die Anmeldung des Zusatzpatents ohne weitere Erklärung des Anmelders kraft Gesetzes als Anmeldung eines selbständigen Patents. Der Anmelder ist auch dann zur Stellung des Antrags in der Hauptanmeldung verpflichtet, wenn der Antrag in der Zusatzanmeldung von einem Dritten gestellt ist.

Ist bereits ein Prüfungsantrag eingegangen, so gelten spätere Prüfungsanträge als nicht gestellt.

Ein Dritter, der einen wirksamen Prüfungsantrag gestellt hat, ist am Prüfungsverfahren nicht beteiligt. Er erhält keine Abschriften der Prüfungsbescheide oder Beschlüsse. Er kann jedoch Akteneinsicht verlangen. Der Abschluss des Verfahrens ist ihm mitzuteilen.

Das Prüfungsverfahren wird auch dann fortgesetzt, wenn der Prüfungsantrag zurückgenommen wird (§ 44 Abs. 4 PatG).

3.2. Formelle Behandlung des Prüfungsantrags und der Erwiderungen

Der Prüfungsantrag wird zunächst auf formelle Mängel geprüft. Nach Eingang der Gebühr wird die Akte an die für die Hauptklasse zuständige Prüfungsstelle abgegeben. Diese ist für die sachliche Prüfung der Anmeldung verantwortlich. Sie überprüft die Zuständigkeit sofort nach Eingang der Akte. Ist sie nicht zuständig, so ist unverzüglich die zuständige Prüfungsstelle festzustellen und ihr die Akte zuzuleiten. Die zuständige Prüfungsstelle ergänzt im erforderlichen Umfang die zutreffenden Nebenklassen auf dem dafür vorgesehenen Vordruck. Bei Eingang einer Erwiderung ist in entsprechender Weise zu prüfen, ob die Zuständigkeit bei der bisher zuständigen Prüfungsstelle verbleibt.

Der Prüfungsantrag wird im Patentblatt veröffentlicht.

Erweist sich ein Antrag eines Dritten nach der Mitteilung an den Patentanmelder als unwirksam, sind der Dritte und der Patentanmelder hierüber zu benachrichtigen (§§ 44 Abs. 3 Satz 2, 43 Abs. 6 PatG).

3.3. Sachliche Prüfung

3.3.1. Bearbeitungsreihenfolge

Anmeldungen werden grundsätzlich in der Reihenfolge bearbeitet, die sich aus dem zeitlichen Eingang der Prüfungsanträge ergibt. Auch Erwiderungen werden nach der Reihenfolge ihres Eingangs bearbeitet. Aus arbeitsökonomischen Gründen kann es aber zweckmäßig sein, sachlich zusammengehörende Fälle gemeinsam zu bearbeiten und von der üblichen Bearbeitungsreihenfolge abzuweichen.

Anmeldungen und Erwiderungen sollten insbesondere dann bevorzugt bearbeitet werden, wenn


a) die Patenterteilung in Aussicht gestellt wurde und nunmehr unverzüglich beschlossen werden kann;

b) der Anmelder die Beanstandungen nicht oder nicht vollständig beseitigt hat und damit die Zurückweisung geboten erscheint;

c) im vorangegangenen Prüfungsbescheid Mängel aufgezeigt wurden, die eine Patenterteilung nicht zulassen, und nach Lage der Akten sofort erkennbar ist, dass die Darlegungen des Anmelders keinen Grund zur Änderung dieser Auffassung geben.

3.3.2. Beschleunigungsanträge

Auf einen begründeten Beschleunigungsantrag ist ein Verfahren vordringlich zu betreiben, wenn die ansonsten zu erwartende Verfahrensdauer erhebliche Nachteile des Antragstellers möglich erscheinen lässt. Beschleunigungsanträge gelten grundsätzlich nur für die nächste Verfahrenshandlung, jedoch wird das weitere Verfahren dann beschleunigt betrieben, wenn sich dieses Begehren aus dem Beschleunigungsantrag ergibt.

3.3.3. Gegenstand der Prüfung

Die Anmeldung muss den Anforderungen der §§ 34, 37 und 38 PatG genügen und der Gegenstand der Anmeldung muss nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig sein.

3.3.3.1. Offenbarung der Erfindung (§ 34 Abs. 4 PatG)

Nach § 34 Abs. 4 PatG muss die Erfindung in der Anmeldung so deutlich und vollständig offenbart sein, dass ein Fachmann sie ausführen kann. Die Erfindung (Lehre zum technischen Handeln) kann an jeder Stelle der Anmeldungsunterlagen offenbart sein. Dies gilt aber nicht für die Zusammenfassung, die ausschließlich der technischen Unterrichtung der Öffentlichkeit dient (§ 36 PatG).

Deutlich und vollständig offenbart ist eine Erfindung, wenn der Fachmann unter Einsatz seines Fachwissens in der Lage ist, die die Erfindung bildende Lehre praktisch zu verwirklichen (vgl. BGH in BlPMZ 1984, 246 – Isolierglasscheibenrandfugenfüllvorrichtung –).

Dabei braucht lediglich die entscheidende Richtung angegeben zu werden, in der der Fachmann von sich aus arbeiten kann. Die Erfindung muss also nicht in allen Einzelheiten beschrieben sein. Jedoch dürfen Verallgemeinerungen nicht so weit gehen, dass nur noch aufgabenhafte Mittel zur Lösung des Problems vorhanden sind. Dadurch wird vermieden, dass ein Schutzrecht für alle anderen zu demselben Ziel führenden Wege und Mittel gewährt wird. Dies würde zu einer Behinderung des technischen Fortschritts führen (vgl. BGH in BlPMZ 1985, 28, 29 – Acrylfasern –). Ferner wären Tragweite und rechtlicher Bestand des Schutzrechts unklar.

Für die Frage der Offenbarung der Erfindung ist nicht entscheidend, ob etwas in der Beschreibung gegenüber gleichzeitig offenbarten anderen Lösungen als vorteilhaft, zweckmäßig oder bevorzugt bezeichnet ist. Die besondere Hervorhebung oder Betonung, etwa als Gegenstand einer Ausführungsform oder eines Beispiels, oder die Kennzeichnung als vorteilhaft, zweckmäßig oder bevorzugt, erleichtern lediglich die Erkenntnis, dass das betreffende Merkmal oder die engere Lehre als zu der beanspruchten Erfindung gehörend offenbart ist. Das Fehlen solcher Kriterien schließt hingegen solche Offenbarungen nicht aus (vgl. BGH in BlPMZ 1990, 366 – Crackkatalysator –).

Die Ermittlung des Gesamtinhalts der Erstunterlagen hat mit den Augen des gleichen Fachmanns zu erfolgen, der auch die Patentfähigkeit beurteilt (vgl. BGH in GRUR 1981, 812, 813 – Etikettiermaschine –). Zu prüfen ist, welche Erkenntnisse ihm dadurch objektiv und ohne weiteres vermittelt werden. Außerdem ist zu beachten, dass der Fachmann sich nicht allein an dem Wortlaut der Unterlagen orientiert, sondern im Wesentlichen an dem Zweck, den die Erfindung mit Blick auf die Nachteile des Stands der Technik verfolgt, und an dem Lösungsvorschlag mit seinen einzelnen Elementen.

3.3.3.2. Prüfung der Patentfähigkeit nach §§ 1 bis 5 PatG

Die Erfindung für die ein Patent erteilt werden soll, muss patentfähig sein (vgl. §§ 1 bis 5 PatG). Hierzu ist der Gegenstand des Patentanspruchs (bzw. der Patentansprüche) mit allen ihn beschreibenden Merkmalen zu prüfen, da hierdurch bestimmt wird, was nach den §§ 14, 34 Abs. 3 PatG unter Schutz gestellt werden soll.

3.3.3.2.1. Grundlegende Erfordernisse gemäß §§ 1 bis 5 PatG

Patentschutz wird nur für Erfindungen auf dem Gebiet der Technik gewährt. Dem Patentschutz zugänglich ist eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs (vgl. BGH in BlPMZ 1970, 21 – Rote Taube – und 2000, 276, 278 – Sprachanalyseeinrichtung –). Der „unmittelbare“ Einsatz von beherrschbaren Naturkräften ist für den technischen Charakter einer Lehre nicht zwingend erforderlich (vgl. BGH in BlPMZ 2000, 273, 275 – Logikverifikation –), der Erfolg muss aber die Folge beherrschbarer Naturkräfte sein und nicht einer abwägenden Tätigkeit des menschlichen Geistes.

Von der Patentierbarkeit ausgenommen sind folgende Gegenstände oder Tätigkeiten, die nicht als Erfindungen im Sinne des Patentgesetzes angesehen werden (§ 1 Abs. 2 PatG):


a) Entdeckungen sowie wissenschaftliche Theorien und mathematische Methoden (z.B.: das archimedische Prinzip, Methoden zur Auflösung eines Gleichungssystems);

b) ästhetische Formschöpfungen (z.B. rein dekorative Gestaltungen einer Fläche oder eines Körpers);

c) Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten (z.B. ein Plan zum Erlernen bestimmter Fähigkeiten, ein Verfahren zur Lösung von Denksportaufgaben oder ein Plan zur Organisation einer kommerziellen Dienstleistung) sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen (siehe dazu im einzelnen Abschnitt 4.3.);

d) Wiedergabe von Informationen (z.B. Literatur, Nachrichteninhalte).

Der Ausschluss für die in a) bis d) genannten Gegenstände oder Tätigkeiten gilt jedoch nur insoweit, als für sie als solche Schutz begehrt wird (§ 1 Abs. 2, 3 PatG), d.h. sie sind nur insoweit vom Patentschutz ausgeschlossen, als sie losgelöst von einer konkreten Umsetzung beansprucht werden. Soweit sie dagegen zur Lösung eines konkreten technischen Problems Verwendung finden, sind sie – in diesem Zusammenhang – grundsätzlich patentfähig (BGH in Mitt. 2001, 553, 555 – Suche fehlerhafter Zeichenketten –).

Zu beachten sind auch die Ausnahmen von der Patentierbarkeit gemäß § 2 PatG, vgl. auch Abschnitte 2.6.3. und 4.2.

3.3.3.2.2. Stand der Technik (§ 3 PatG)

Der Stand der Technik umfasst alle Kenntnisse, die vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag durch schriftliche oder mündliche Beschreibung, durch Benutzung oder in sonstiger Weise der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind (§ 3 Abs. 1 Satz 2 PatG).

Nach § 3 Abs. 2 PatG gilt als Stand der Technik auch der Inhalt folgender Patentanmeldungen mit älterem Zeitrang, die erst an oder nach dem für den Zeitrang der jüngeren Anmeldung maßgeblichen Tag der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind:


a) der nationalen Anmeldungen in der beim Deutschen Patent- und Markenamt ursprünglich eingereichten Fassung;

b) der europäischen Anmeldungen in der bei der zuständigen Behörde ursprünglich eingereichten Fassung, wenn mit der Anmeldung für die Bundesrepublik Deutschland Schutz begehrt wird und die Benennungsgebühr für die Bundesrepublik Deutschland nach Artikel 79 Abs. 2 EPÜ gezahlt ist, es sei denn, dass die europäische Patentanmeldung aus einer internationalen Anmeldung hervorgegangen ist und die in Art. 158 EPÜ genannten Voraussetzungen nicht erfüllt sind;

c) der internationalen Anmeldungen nach dem PCT in der beim Anmeldeamt ursprünglich eingereichten Fassung, wenn für die Anmeldung das Deutsche Patent- und Markenamt Bestimmungsamt ist.

Somit ist der gesamte Offenbarungsgehalt älterer Anmeldungen Stand der Technik. Die Frage, ob und in welchem Umfang auf die ältere Anmeldung ein Patent erteilt wird, ist hierbei ohne Belang.

Außer Betracht bleibt jedoch eine zum Stand der Technik nach § 3 Abs. 1 und 2 PatG gehörende Offenbarung der Erfindung, wenn diese Offenbarung nicht früher als 6 Monate vor Einreichung der Anmeldung erfolgt ist und zurückgeht auf


  • einen offensichtlichen Missbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers (§ 3 Abs. 4 Nr. 1 PatG) oder

  • eine Zur-Schau-Stellung der Erfindung durch den Anmelder auf amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellungen (§ 3 Abs. 4 Nr. 2 PatG). Die entsprechenden Ausstellungen werden vom Bundesministerium der Justiz im Bundesgesetzblatt bekannt gemacht (§ 3 Abs. 4 Satz 3 PatG). Der Anmelder muss allerdings bei Einreichung der Anmeldung bereits angeben, dass die Erfindung zur Schau gestellt worden ist und hierüber innerhalb von 4 Monaten nach der Einreichung eine Bescheinigung vorlegen (§ 3 Abs. 4 Satz 2 PatG).

3.3.3.2.3. Neuheit (§ 3 PatG)

Bei der Prüfung auf Neuheit ist der beanspruchte Anmeldungsgegenstand mit dem Stand der Technik einzeln zu vergleichen (vgl. BGH in BlPMZ 1984, 332, 333 – Zinkenkreisel –). Der Anmeldungsgegenstand ist neu, wenn er bei jedem einzelnen Vergleich mindestens ein Merkmal aufweist, das im Stand der Technik fehlt. Maßgebend ist der Gesamtinhalt der jeweiligen Vorveröffentlichung also z.B. der Schrift, des Vortrags oder einer Vorbenutzung. Dabei ist unerheblich, ob etwas beiläufig oder als wesentliche Erkenntnis geäußert wurde. Von Bedeutung ist vielmehr, was der einschlägige Durchschnittsfachmann erkennen konnte.

Maßgeblicher Inhalt einer als Stand der Technik in Betracht zu ziehenden Anmeldung mit älterem Zeitrang ist

Hat die Prüfungsstelle eine Anmeldung mit älterem Zeitrang ermittelt, die noch nicht offengelegt ist, dürfen Inhalt und Aktenzeichen dieser älteren Anmeldung dem Anmelder der jüngeren Anmeldung erst nach ihrer Offenlegung mitgeteilt werden.

Aus dem Stand der Technik bereits bekannte Stoffe können dennoch patentfähig sein, wenn sie zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung von Menschen oder Tieren oder zur Anwendung in einem Diagnostizierverfahren bei Menschen oder Tieren bestimmt sind und ihre Anwendung zu diesem Zweck nicht bekannt war (§ 3 Abs. 3 PatG).

3.3.3.2.4. Erfinderische Tätigkeit (§ 4 PatG)

Die Erfindung muss auf einer erfinderischen Tätigkeit beruhen. Dazu darf sie sich für den Fachmann nicht in naheliegender Weise aus dem Stand der Technik ergeben (§ 4 PatG). Die erfinderische Tätigkeit ist ein wesentlich patentrechtliches Kriterium. Dadurch unterscheidet sich u.a. auch das Patent vom Gebrauchsmuster, für dessen Schutzfähigkeit lediglich ein „erfinderischer Schritt“ erforderlich ist (§ 1 Abs. 1 GebrMG).

Der Prüfer muss zunächst den Wissensstand ermitteln, der dem einschlägigen Durchschnittsfachmann vor dem für den Zeitrang der Anmeldung maßgeblichen Tag zur Verfügung stand. Dieser damalige Stand der Technik ist – in Verbindung mit dem Fachkönnen des Durchschnittsfachmannes – der Beurteilung zugrunde zu legen, ob sich der Erfindungsgegenstand für diesen Durchschnittsfachmann in naheliegender Weise ergibt. Liegen die ermittelten Kenntnisse auf einem anderen Fachgebiet, ist es fraglich, ob diese dem Wissen des einschlägigen Durchschnittsfachmanns zugerechnet werden dürfen. Dies trifft am ehesten auf Nachbargebiete zu.

Ob erfinderische Tätigkeit vorliegt, hängt immer vom konkreten Einzelfall ab. Die Entscheidung hat sich an den Kriterien „beanspruchte Lehre“, „zusammengefasster Stand der Technik“ und „einschlägiger Fachmann“ zu orientieren. Die Rechtsprechung hat für diese wertende Entscheidung keine allgemeingültigen Einzelmerkmale entwickelt, aus denen zwingend in anderen Fällen auf die erfinderische Tätigkeit geschlossen werden könnte. Entscheidungen in vergleichbaren Fällen können nur Anhaltspunkte geben.

Indizien für das Vorliegen einer erfinderischen Tätigkeit sind z.B. eine sprunghafte Weiterentwicklung, die Überwindung technischer Vorurteile, vergebliche Bemühungen von Fachleuten, die Befriedigung eines lange bestehenden Bedürfnisses, ein einfacher und billiger Weg zur Herstellung von Massenartikeln oder die Verbilligung von Fertigungsmethoden. Diese Beweisanzeichen sind bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit zu berücksichtigen. Sie sind auch in der Begründung einer zurückweisenden Entscheidung zu behandeln. Ihre Nichtbehandlung kann einen wesentlichen Mangel der Prüfung darstellen (vgl. BGH in BlPMZ 1981, 136 – Halbleitereinrichtung –).

Anmeldungen mit älterem Zeitrang haben bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit außer Betracht zu bleiben (§ 4 PatG). Bei der Prüfung des Anspruchs ist immer von der Kombination der Merkmale auszugehen. Eine zergliedernde Betrachtungsweise ist unzulässig. Bei der Prüfung der erfinderischen Tätigkeit bei Gegenständen, die Merkmale technischer mit Merkmalen nichttechnischer Art (z.B. Rechenregeln, Denkschemata) verknüpfen, muss der gesamte Gegenstand unter Einschluss der nichttechnischen Merkmale beurteilt werden. Der Erfindungsgegenstand darf nicht zerlegt und nur im Hinblick auf den Teil, der aus den technischen Merkmalen besteht, auf erfinderische Tätigkeit geprüft werden (vgl. BGH in BlPMZ 1992, 255 – Tauchcomputer –). Allerdings bleiben untechnische Bedeutungsinhalte außer Betracht, sofern sie keinen technischen Bezug aufweisen und auch nicht mittelbar zur Umschreibung eines technischen Merkmals des beanspruchten Gegenstands beitragen (vgl. BPatG in Mitt. 2002, 275 – Elektronischer Zahlungsverkehr –).

Der Prüfer sollte sich immer vergegenwärtigen, dass er die Erfindung bereits kennt, während er beurteilt, ob diese am Anmeldetag bzw. Prioritätstag nahegelegen hat. Eine rückschauende Betrachtungsweise würde dem Anmeldungsgegenstand nicht gerecht.

3.3.3.2.5. Gewerbliche Anwendbarkeit (§ 5 PatG)

Die gewerbliche Anwendbarkeit liegt vor, wenn die Herstellung oder Benutzung des Erfindungsgegenstands auf irgendeinem gewerblichen Gebiet einschließlich der Landwirtschaft möglich ist. Dies ist der Fall, wenn der Gegenstand in einem Gewerbebetrieb hergestellt wird oder technische Verwendung in einem Gewerbe finden kann.

Ist die der Erfindung zugrundeliegende Lehre untauglich, weil sie die technische Aufgabe nicht lösen kann, ist die Anmeldung nicht wegen fehlender gewerblicher Anwendbarkeit, sondern mangels technischer Brauchbarkeit zurückzuweisen (vgl. BGH in BlPMZ 1985, 117, 118 – Energiegewinnungsgerät –).

Als nicht gewerblich anwendbar gelten Verfahren zur chirurgischen oder therapeutischen Behandlung des menschlichen oder tierischen Körpers und Diagnostizierverfahren, die am menschlichen oder tierischen Körper vorgenommen werden. Gewerblich anwendbar können dagegen Erzeugnisse, insbesondere Stoffe oder Stoffgemische, sein, die in einem der vorstehend genannten Verfahren zur Anwendung kommen (§ 5 Abs. 2 PatG).

3.3.3.2.6. Recherche im Prüfungsverfahren

Mit der Recherche soll der relevante Stand der Technik so ermittelt werden, dass damit die Patentfähigkeit der angemeldeten Erfindung beurteilt werden kann. Gegenstand der Recherche ist die in den Patentansprüchen angegebene Erfindung. Die Beschreibung und die Zeichnungen sind zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Die Recherche erstreckt sich auf die Gegenstände sämtlicher Patentansprüche (vgl. auch Abschnitte 1. und 3.3.3.4.) Verantwortlich für die Recherche ist die für die Hauptklasse zuständige Prüfungsstelle.

Die Prüfungsstelle hat sich bei der Recherche der vorhandenen technischen Hilfsmittel sowie der durch diese verfügbaren Informationsquellen zu bedienen, soweit dies erfolgversprechend und im Hinblick auf den Aufwand vertretbar erscheint.

Zeigt sich, dass ein unverhältnismäßig großer Arbeitsaufwand für eine nur noch geringe Verbesserung des bisher erzielten Rechercheergebnisses erforderlich wäre, ist die Recherche zu beenden. Um überflüssige Bescheide und damit eine Verlängerung des Verfahrens zu vermeiden, sollte die Recherche in einem Arbeitsgang durchgeführt werden, wenn die Ansprüche technisch hinreichend klar gefasst sind.

Gibt der Anmelder den Stand der Technik von sich aus oder auf Verlangen des Deutschen Patent- und Markenamts nach § 34 Abs. 7 PatG an, hat er diese Angaben mit den ihm bekannten Fundstellen zu belegen.

Werden von einem am Verfahren nicht beteiligten Dritten Druckschriften angegeben, die der Erteilung eines Patents entgegenstehen könnten, sind diese dem Anmelder von Amts wegen zu übersenden.

Wegen der Recherche bei uneinheitlichen Anmeldungen wird auf den Abschnitt 3.3.3.4. verwiesen.

3.3.3.3. Änderung der Unterlagen (§ 38 PatG)

Bis zum Beschluss über die Erteilung des Patents sind Änderungen der Anmeldeunterlagen zulässig, die den Gegenstand der Anmeldung nicht erweitern. Vor Stellung des Prüfungsantrags ist dies jedoch nur zulässig, soweit es sich um die Berichtigung offensichtlicher Unrichtigkeiten, um die Beseitigung der von der Prüfungsstelle bezeichneten Mängel oder um Änderungen der Patentansprüche handelt.

Aus Änderungen, die den Gegenstand der Anmeldung unzulässig erweitern, können gemäß § 38 Satz 2 PatG keine Rechte hergeleitet werden. Werden solche Änderungen vom Anmelder nicht vollständig gestrichen, ist die gesamte Anmeldung zurückzuweisen.

3.3.3.4. Prüfung der Einheitlichkeit und Ausscheidung

Eine Anmeldung darf nur eine einzige Erfindung enthalten oder eine Gruppe von Erfindungen, die untereinander in der Weise verbunden sind, dass sie eine einzige allgemeine erfinderische Idee verwirklichen (§ 34 Abs. 5 PatG). Dadurch werden zum einen mit Blick auf Rechtssicherheit und Recherchierbarkeit übersichtliche, gut dokumentierte Schutzrechte geschaffen und zum anderen wird einer missbräuchlichen Umgehung von Gebühren vorgebeugt.

Die Uneinheitlichkeit ist danach zu beurteilen, ob nach dem technologischen Zusammenhang und der Übersichtlichkeit des Erfindungskomplexes eine Behandlung in verschiedenen Verfahren geboten erscheint (vgl. BGH in GRUR 1979, 619, 620, – Tabelliermappe –).

Wird Uneinheitlichkeit festgestellt, so ist diese Beanstandung im Bescheid – in der Regel anhand entsprechenden Materials – konkret zu begründen. Weiteres Material, das den verschiedenen Erfindungen entgegengehalten werden kann, trägt dazu bei, aussichtslose Ausscheidungsanmeldungen zu vermeiden. Ist der voraussichtlich in der Anmeldung verbleibende Teil erkennbar, ist für diesen Teil die Recherche vollständig durchzuführen (vgl. BPatGE 20, 10).

Die Prüfungsstelle fordert den Anmelder unter Hinweis auf die Möglichkeit der Zurückweisung auf, die Einheitlichkeit durch eine Ausscheidungserklärung oder durch Verzicht auf den uneinheitlichen Teil herzustellen.

In der Ausscheidungserklärung ist der ausgeschiedene Teil ausreichend bestimmt, wenn klar ist, was in der Stammanmeldung verbleiben und was Gegenstand der Trennanmeldung sein soll. Ist die Ausscheidungserklärung unbestimmt, ist der Anmelder unter Fristsetzung zur Klarstellung aufzufordern. Unterbleibt eine Klarstellung, ist die Ursprungsanmeldung zurückzuweisen.

Erfasst der abgetrennte Teil den beanstandeten Gegenstand nach einer Beanstandung der Uneinheitlichkeit (auch) nur zum Teil, ist die Trennung dennoch als Ausscheidung anzusehen. Dem Anmelder ist es verwehrt, sich für eine solche Trennung auf die Vorschriften der freien Teilung (§ 39 PatG) zu berufen.

Die Ausscheidung eines Anmeldungsteils führt zur sofortigen verfahrensrechtlichen Verselbständigung der Trennanmeldung, die in der Lage des Verfahrens weiter zu behandeln ist, in der sich die Ursprungsanmeldung zur Zeit der Ausscheidung befand.

Anmeldegebühr und Prüfungsantragsgebühr sind für die Trennanmeldung nachzuentrichten. Werden die Gebühren nicht innerhalb von 3 Monaten ab Eingang der Ausscheidungserklärung bezahlt, so gilt die Trennanmeldung als zurückgenommen (vgl. §§ 3, 6 PatKostG sowie BGH in BlPMZ 1986, 371, 373 – Kraftfahrzeuggetriebe –).

Sind in der Ursprungsanmeldung auch bereits Jahresgebühren fällig geworden, werden diese mit der Ausscheidungserklärung auch für die Trennanmeldung fällig.

Im Verfahren der Trennanmeldung hat der Anmelder wie im Verfahren der Stammanmeldung neue Anmeldungsunterlagen einzureichen. Reicht er sie nicht innerhalb der von der Prüfungsstelle hierzu gesetzten Frist ein, ist die Trennanmeldung zurückzuweisen.

3.3.3.5. Freie Teilung der Anmeldung

Der Anmelder kann seine Anmeldung jederzeit durch schriftliche Erklärung teilen (§ 39 Abs. 1 PatG) und zwar bis zum Ablauf der Frist für die Beschwerde gegen den Patenterteilungsbeschluss (vgl. BGH in BlPMZ 2000, 245, 246 – Graustufenbild –). Bei unbestimmten Teilungserklärungen ist dem Anmelder zur Klarstellung eine kurze Frist zu setzen. Die Dreimonatsfrist des § 39 Abs. 3 PatG bleibt hiervon unberührt.

Für jede Teilanmeldung bleiben der Zeitrang der ursprünglichen Anmeldung und eine dafür in Anspruch genommene Priorität erhalten. Werden für die abgetrennte Anmeldung die nach den §§ 34 bis 36 PatG erforderlichen Anmeldeunterlagen nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang der Teilungserklärung eingereicht oder werden die nach § 39 Abs. 2 PatG fälligen Gebühren für die abgetrennte Anmeldung nicht innerhalb dieser Frist entrichtet, so gilt die Teilungserklärung als nicht abgegeben (§ 39 Abs. 3 PatG).

3.3.3.6. Patentansprüche, Patentkategorie

Eine Anmeldung muss einen oder mehrere Patentansprüche enthalten, in denen angegeben ist, was als patentfähig unter Schutz gestellt werden soll (§ 34 Abs. 3 Nr. 3 PatG).

Nach § 9 PatV können die Patentansprüche einteilig oder in Oberbegriff und kennzeichnenden Teil gegliedert (zweiteilig) gefasst sein. In beiden Fällen kann die Fassung nach Merkmalen gegliedert sein.

Wird die zweiteilige Anspruchsfassung gewählt, ist zur Bildung des Oberbegriffs regelmäßig nur vom Inhalt einer einzigen Druckschrift oder von einem einzigen der Öffentlichkeit zugänglich gemachten Gegenstand auszugehen. In den kennzeichnenden Teil des Anspruchs sind die Merkmale der Erfindung aufzunehmen, für die in Verbindung mit den Merkmalen im Oberbegriff Schutz begehrt wird. Der kennzeichnende Teil ist mit den Worten „dadurch gekennzeichnet, dass“ oder „gekennzeichnet durch“ oder durch eine sinngemäße Wendung einzuleiten.

Nach § 14 PatG ist der Inhalt der Patentansprüche für den Schutzbereich des Patents maßgebend. Ein nur in der Beschreibung dargestellter Erfindungsbereich, der nicht hinreichend deutlich in einen Patentanspruch einbezogen ist, ist nicht unter Schutz gestellt (BGH in GRUR 1987, 626 – Rundfunkübertragungssystem –). Der Erfindungsgedanke sollte daher so abstrakt beschrieben werden, dass sämtliche denkbaren Ausführungen von ihm umfasst werden. Grenzen sind hier jedoch die ursprüngliche Offenbarung und der Stand der Technik. Bei der Abfassung von Patentansprüchen ist zwischen den Interessen des Anmelders und der Öffentlichkeit abzuwägen. Einerseits hat der Anmelder Anspruch auf eine möglichst umfassende Rechtsgewährung, andererseits muss durch eine klare Festlegung des Gegenstands Rechtssicherheit hergestellt werden (vgl. BGH in GRUR 1988, 757, 760 – Düngerstreuer –).

Nicht notwendige Lösungsmerkmale sind möglichst nicht in den Hauptanspruch aufzunehmen, d.h. die Umschreibung sollte mit möglichst wenigen Merkmalen erfolgen. Eine konkrete Umschreibung anhand der verwirklichten Ausführung birgt immer die Gefahr einer zu weitgehenden Einengung des Schutzbereichs in sich. Eine Grenze für Verallgemeinerungen wird dadurch gezogen, dass die geschützte Lehre eindeutig identifizierbar sein muss.

Der Hauptanspruch muss den Erfindungsgedanken in seiner Gesamttragweite erfassen (vgl. § 9 Abs. 4 PatV). An den Hauptanspruch können sich Unteransprüche anschließen, die sich auf Ausgestaltungen bzw. spezielle Ausführungen beziehen. Zusätzliche unabhängige Patentansprüche (Nebenansprüche) sind zulässig, wenn der Grundsatz der Einheitlichkeit gewahrt ist. Unteransprüche mit Kategoriewechsel (z.B. Vorrichtung zur Durchführung eines Verfahrens) haben eine nebengeordnete Bedeutung. Sie sind daher einer gesonderten Prüfung auf Patentfähigkeit zu unterziehen.

Im Erteilungsverfahren ist grundsätzlich nur der Gegenstand des Patents und damit der geschützte Gegenstand, nicht aber der Schutzumfang begrifflich festzulegen (BPatG Mitt. 1984, 50 – Schutzumfang –).

Product-by-process – Ansprüche („Stoff erhältlich durch„) sind zulässig. Dies gilt insbesondere bei chemischen Stoffen, wenn weder die Strukturformel des Stoffes bekannt ist, noch der Stoff durch feststellbare Charakteristika identifiziert werden kann. Wirkungs- oder Funktionsangaben zur Kennzeichnung einer Vorrichtung sind ebenfalls nicht generell unzulässig. Oft sind sie sogar notwendig, um die angegebenen baulichen Merkmale in einen durchschaubaren Zusammenhang zu bringen (BGH in GRUR 1972, 707, 708 – Streckwalze –).

Patente können Erzeugnisse (Gegenstände, Vorrichtungen, Stoffe) oder Verfahren betreffen. Maßgebend für die Einordnung einer Erfindung in diese verschiedenen Patentkategorien – und damit für die Abfassung der Patentansprüche – ist der nach objektiven Gesichtspunkten zu beurteilende sachliche Offenbarungsinhalt der Anmeldung. Die an sich freie Wahl des Anmelders bezüglich der Kategorie der Ansprüche ist hierdurch begrenzt. Merkmale verschiedener Patentkategorien sollten im Hinblick auf die Schaffung eindeutiger Schutzrechte nach Möglichkeit nicht in einen einzigen Anspruch aufgenommen werden.

Bei Herstellungsverfahren muss der Patentanspruch die Angabe des Ausgangsmaterials und die zeitliche Aufeinanderfolge der Einwirkungen auf das Ausgangsmaterial zum Erhalt eines definierten Endprodukts enthalten. Zusätzliche Vorrichtungsmerkmale, die den Verfahrensablauf verdeutlichen, sind zuzulassen. Arbeitsverfahren unterscheiden sich von den Herstellungsverfahren dadurch, dass sie nicht auf ein verändertes Endprodukt zielen (z.B. Messen, Fördern). Auch Verwendungsansprüche zählen zur Kategorie der Verfahrensansprüche. Sie sind auf den Schutz des Einsatzes einer zumeist bekannten Sache (Stoff, Vorrichtung) zum Erzielen einer bestimmten Wirkung bzw. eines bestimmten Endproduktes gerichtet.

3.3.3.7. Anmeldungen mit Inanspruchnahme einer Priorität

Für die Anmeldung einer Erfindung zum Patent kann die Priorität einer oder mehrerer früherer deutscher Patent- oder Gebrauchsmusteranmeldungen derselben Erfindung in Anspruch genommen werden (innere Priorität). Dies gilt dann, wenn die Patentanmeldung innerhalb einer Frist von 12 Monaten nach dem Anmeldetag der früheren Anmeldung angemeldet wird und für die frühere Anmeldung nicht schon eine inländische oder ausländische Priorität in Anspruch genommen worden ist (siehe § 40 Abs. 1 PatG).

Allerdings besteht auch die Möglichkeit, aus einer Nachanmeldung die Priorität für eine zweite Nachanmeldung in Anspruch zu nehmen, und zwar hinsichtlich der Merkmale, die noch nicht in der Erstanmeldung enthalten waren, sondern erst durch die weiterentwickelte Nachanmeldung offenbart worden sind. Insoweit ist Artikel 4 F Abs. 2 Pariser Verbandsübereinkunft (PVÜ) entsprechend anzuwenden, so dass die Nachanmeldung hinsichtlich der neu eingeführten Merkmale ein neues Prioritätsrecht entstehen lässt. Allerdings gilt dann die erste Neuanmeldung als zurückgenommen (§ 40 Abs. 5 PatG).

Die Prioritätserklärung ist unter Angabe des Aktenzeichens der früheren Anmeldung innerhalb von 2 Monaten nach dem Anmeldetag der späteren Anmeldung abzugeben.

Ist die frühere Anmeldung, deren Priorität in Anspruch genommen wird, noch beim Deutschen Patent- und Markenamt anhängig, gilt sie mit der Abgabe der Prioritätserklärung als zurückgenommen (§ 40 Abs. 5 PatG). Die Fiktion der Rücknahme kann gemäß Art. III § 4 des Gesetzes über internationale Patentübereinkommen (IntPatÜG) auch dann eintreten, wenn die Priorität für eine internationale Anmeldung nach dem Vertrag über die internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentwesens (PCT) in Anspruch genommen wird, in der die Bundesrepublik Deutschland für ein Patent bestimmt worden ist. In diesem Fall tritt die Rücknahmefiktion für die frühere Anmeldung erst nach dem Ablauf der 30-Monatsfrist nach Artikel 22 PCT ein, es sei denn, dass ein ausdrücklicher Antrag auf vorzeitige Prüfung und Bearbeitung gemäß Artikel 23 Abs. 2 PCT gestellt wurde. Es liegt im Ermessen des Prüfers, ob er die frühere Anmeldung bearbeitet oder den Eintritt der Rücknahmefiktion abwartet.

Ob die förmlichen Wirksamkeitsvoraussetzungen der Inanspruchnahme einer inneren Priorität vorliegen, kann im Verfahren der Nachanmeldung vorab entschieden werden (BPatGE 25, 74); über den Eintritt der Rücknahmefiktion kann im Verfahren der Voranmeldung entschieden werden (BPatGE 25, 41).

Für eine beim DPMA hinterlegte Patentanmeldung kann auch die Priorität einer ausländischen Voranmeldung in Anspruch genommen werden, die in einem Vertragsstaat der PVÜ oder nach einem entsprechenden anderen Staatsvertrag rechtswirksam eingereicht worden ist (Unionspriorität, § 41 Abs. 1 PatG). Darüber hinaus kann unter bestimmten Voraussetzungen (Feststellung der Gegenseitigkeit in einer Bekanntmachung des BMJ) die Priorität einer ausländischen Anmeldung in einem Staat, mit dem ein entsprechender Staatsvertrag nicht besteht, in Anspruch genommen werden (§ 41 Abs. 2 PatG).

Bei Inanspruchnahme einer ausländischen Priorität sind die erforderlichen Angaben (Zeit, Land, Aktenzeichen und Abschrift der früheren Anmeldung) vor Ablauf des 16. Monats nach dem Prioritätstag einzureichen.

Die materielle Berechtigung der Inanspruchnahme einer Priorität ist nur dann zu prüfen, wenn im Prioritätsintervall liegendes, entscheidungserhebliches Material ermittelt wird. Über die materielle Berechtigung der Inanspruchnahme findet keine Zwischenentscheidung statt; ist die Inanspruchnahme unwirksam, muss über die Anmeldung insgesamt entschieden werden.

3.3.3.8. Weitere Aspekte der Prüfung

Bei der sachlichen Prüfung ist auch darauf zu achten, dass die Zusammenfassung nach § 36 PatG vorliegt und keine offensichtlichen Mängel aufweist, falls diese noch nicht in der Offenlegungsschrift veröffentlicht worden ist (§ 45 Abs. 1 Satz 1 PatG).

Zur Erfinderbenennung (§ 37 PatG) wird auf Abschnitt 2.5.1. und zum Zusatzpatent auf Abschnitt 4.1 verwiesen.

3.4. Bescheide (§ 45 PatG)

Bescheide im Prüfungsverfahren dienen der Vorbereitung der Erteilung des Patents nach § 49 PatG oder der Zurückweisung der Anmeldung gemäß § 48 PatG. Die Anzahl der Bescheide bestimmt sich aus der Verpflichtung zur Sachaufklärung, der Gewährung des rechtlichen Gehörs und nach den besonderen Umständen des Einzelfalls. Bescheide sind sachlich und klar zu fassen.

Erst wenn patentfähig erscheinende Ansprüche vorliegen oder wenn die Prüfungsstelle patentfähig erscheinende Ansprüche vorschlägt und das Einverständnis des Anmelders mit dem Vorschlag erwartet werden kann, sollte dieser zu einer Überarbeitung der Beschreibung aufgefordert werden. In diesem Zusammenhang wird auch auf Abschnitt 3.7.1. hingewiesen.

In einem Bescheid sind nicht nur die einer Patenterteilung entgegenstehenden Gesichtspunkte darzulegen, sondern auch positive Anregungen zur Überarbeitung der Ansprüche zu geben. Dadurch erhält der Anmelder ein klares Bild, ob und in welchem Umfang die Prüfungsstelle den Anmeldungsgegenstand als patentierbar ansieht.

Kann die Prüfungsstelle keinen patentfähigen Gegenstand erkennen, soll sie darauf hinweisen, insbesondere, dass kein gewährbarer Hauptanspruch vorgeschlagen werden kann und auch bei Einreichung neuer Ansprüche mit der Zurückweisung der Anmeldung zu rechnen ist.

Der Anmelder muss den Inhalt des Bescheids verstehen können. Druckschriften zum Stand der Technik sind nicht gemeinsam mit allgemeinen Behauptungen zu erörtern. Unter Hinweis auf Textstellen und Abbildungen ist darzulegen, weshalb z.B. ein Gegenstand des Standes der Technik dem Anmeldungsgegenstand patenthindernd entgegensteht. Nur bei übersichtlichen Druckschriften genügen allgemeine Hinweise. Der Bescheid muss eindeutige Feststellungen bzw. Forderungen enthalten, die dem Anmelder ein klares Bild von der Auffassung des Prüfers geben.

Werden in einem Bescheid mehrere Einzelfragen behandelt, wie formale Mängel, erfinderische Tätigkeit, Neuheit oder Kategoriefragen, sollte der Bescheid zur besseren Übersichtlichkeit in nummerierte Abschnitte gegliedert sein.

Die in einem Prüfungsbescheid erstmals genannten Druckschriften sollen am Anfang des Bescheids in Listenform aufgeführt und mit laufenden Nummern versehen werden. Sie sind im gesamten Verfahren beizubehalten. Die laufenden Nummern von Entgegenhaltungen, die in einem späteren Bescheid neu genannt werden, sollten dann an die im früheren Bescheid genannte Liste anschließen. Im Interesse der leichteren Lesbarkeit der Bescheide kann es zweckmäßig sein, Entgegenhaltungen im Bescheidstext zusammen mit den laufenden Nummern vollständig zu zitieren.

3.4.1. Erster Prüfungsbescheid

Der erste Prüfungsbescheid soll, falls es sich um eine Erstanmeldung handelt und der Anmelder frühzeitig Prüfungsantrag gestellt hat, möglichst so rechtzeitig abgesetzt werden, dass er dem Anmelder vier Monate vor Ablauf des Prioritätsjahres zugestellt werden kann. Es handelt sich hierbei um eine wichtige Dienstleistung des DPMA, die dem Anmelder bei der Entscheidung Hilfestellung geben soll, ob Nachanmeldungen im Ausland oder international sinnvoll sind.

Werden trotz der vorangegangenen Offensichtlichkeitsprüfung bei Beginn der sachlichen Prüfung Formmängel festgestellt, ist diese Beanstandung mit einem vollständigen materiellen Prüfungsbescheid zu verbinden. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn die Behebung der Formmängel nicht möglich erscheint oder eine materielle Prüfung wegen dieser Mängel nicht möglich ist. Der Anmelder soll damit eine Entscheidung treffen können, ob es überhaupt zweckmäßig ist, die Anmeldung unter Beseitigung der Formmängel weiterzuführen.

Wird bei der sachlichen Prüfung die Uneinheitlichkeit der Anmeldung festgestellt, ist dies bereits mit dem ersten Prüfungsbescheid zu beanstanden.

3.4.2. Weitere Bescheide

Ein eventuell erforderlicher zweiter sachlicher Prüfungsbescheid sollte in der Regel auch der letzte sein und eine abschließende Entscheidung über die Anmeldung herbeiführen.

Die sorgfältig begründete Auffassung des Prüfers sollte nur auf ebenso begründete und überzeugende Gegendarstellungen des Anmelders hin oder aufgrund einer neuen Sach- oder Rechtslage geändert werden. Dies gilt auch dann, wenn inzwischen ein Prüferwechsel erfolgt ist. Die Änderung der Auffassung des Prüfers ist stets zu begründen, z.B. bei übersehener unzulässiger Erweiterung des Anmeldegegenstandes.

Wegen der Einreichung erteilungsreifer Unterlagen wird auf Abschnitt 3.7.1. verwiesen.

3.5. Fristgewährung

Das erklärte Ziel des DPMA, das gesamte Prüfungsverfahren innerhalb von zwei Jahren mit einem Erteilungs- oder Zurückweisungsbeschluss abzuschließen, wird erst mittelfristig, also gegen Ende des Jahrzehnts zu erreichen sein. Durch die Neueinstellung von ca. 150 Patentprüfern in den Jahren 2002 bis 2004 wird ab Ende 2004 ein kontinuierlicher Abbau der 130 000 aufgelaufenen Prüfungsverfahren ermöglicht. Zur Beschleunigung des Verfahrens kann allerdings auch der Anmelder beitragen, indem er auf einen Bescheid innerhalb gesetzter Fristen erwidert. Um überflüssige Fristverlängerungsgesuche zu vermeiden, sollte der Prüfer die erforderliche Zeitdauer für die Bearbeitung durch den Anmelder abschätzen und auf dieser Grundlage eine angemessene Frist setzen.

Zur Beseitigung von Formmängeln sollte regelmäßig eine Frist von einem Monat ausreichend sein. Die Frist für die Erwiderung auf Sachbescheide ist im Normalfall auf vier Monate festzusetzen.

Bei der Bemessung der Frist ist auch die Geschäftslage der Prüfungsstelle zu berücksichtigen und es sind ggf. entsprechend lange Fristen zu gewähren.

Im Prüfungsverfahren einer Patentanmeldung, deren Priorität in einer anhängigen europäischen Anmeldung mit Benennung der Bundesrepublik Deutschland in Anspruch genommen wird, kann eine Frist zur Erwiderung auf einen Bescheid von bis zu 12 Monaten – ggf. auch wiederholt – gewährt werden.

Wird auf einen Bescheid nicht fristgerecht geantwortet oder wird Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten gestellt, kann umgehend in der Sache entschieden werden, wenn dies sachgemäß erscheint.

Eine erstmaliges Gesuch auf Fristverlängerung ist auch bei kurzer Begründung zu gewähren. Weitere Fristverlängerungen sind bei Vorliegen einer ausreichenden Begründung zu gewähren. An deren Begründung sind keine strengen Anforderungen zu stellen, es sei denn, das Prüfungsverfahren würde über Gebühr verzögert.

Die Ablehnung eines Fristverlängerungsgesuches ist durch gesonderte Entscheidung zurückzuweisen, kann jedoch dann mit der Entscheidung in der Sache selbst verbunden werden, wenn mit einer ordnungsgemäßen sachlichen Erledigung des Amtsbescheids innerhalb der gesetzten Frist nicht mehr zu rechnen ist.

Aus Gründen der Verfahrensökonomie ist bei einem nicht ausreichend begründeten Fristverlängerungsgesuch jedoch eine stillschweigende Fristverlängerung von einem Monat zu gewähren, wenn sich aus den Umständen, beispielsweise der Begründung des Verlängerungsgesuchs, ergibt, dass die Erledigung des Bescheids in kurzer Zeit nach Fristablauf zu erwarten ist.

Der Lauf gesetzlicher Fristen wird von den vorstehend genannten Regelungen nicht berührt.

3.6. Anhörung und telefonische Gespräche

3.6.1. Anhörung (§ 46 PatG)

Die Prüfungsstelle kann jederzeit die Beteiligten laden und anhören, Zeugen, Sachverständige und Beteiligte vernehmen sowie andere zur Aufklärung der Sache erforderliche Ermittlungen anstellen. Der Prüfer leitet die Anhörung. Dritte dürfen nur mit Einverständnis des Anmelders teilnehmen.

Der Anmelder ist auf Antrag zu hören, wenn dies sachdienlich ist. Ein entsprechender Antrag ist in der Regel bereits darin zu sehen, dass der Anmelder eine Anhörung oder Vorführung des Anmeldungsgegenstands vorschlägt. Erachtet die Prüfungsstelle die Anhörung nicht als sachdienlich, weist sie den Antrag zurück.

Der Beschluss, durch den der Antrag zurückgewiesen wird, ist selbständig nicht anfechtbar (§ 46 Abs. 1 Satz 5 PatG).

Grundsätzlich kann eine Anhörung für eine zügige Verfahrensdurchführung sachdienlich sein. Von ihr sollte insbesondere dann Gebrauch gemacht werden, wenn das Verfahren schriftlich nicht zügig durchgeführt werden kann. Ziel der Anhörung ist es, ohne weiteren Bescheid zu einer abschließenden Beurteilung des Anmeldungsgegenstandes zu gelangen.

Eine Anhörung, erforderlichenfalls mit Vorführung des Anmeldungsgegenstandes, kann vor allem bei Unklarheiten über Aufbau und Wirkungsweise des Anmeldungsgegenstandes, bei Fragen zur Patentfähigkeit, die schriftlich nicht ausreichend geklärt werden können, aber auch bei Unstimmigkeiten im Zusammenhang mit den Anspruchsformulierungen sachdienlich sein.

Nicht sachdienlich ist eine Anhörung, wenn sie nach Lage der Akten zu einer unnötigen Verfahrensverzögerung führen würde. Wird auf einen sachlichen Prüfungsbescheid ohne Gegenäußerung in der Sache selbst nur noch mit dem Antrag auf Anhörung erwidert, dürfte in der Regel eine Anhörung nicht sachdienlich sein, da nicht erkennbar ist, welche entscheidungserheblichen Sach- und Rechtsfragen in der Anhörung noch geklärt werden könnten (vgl. auch BPatG in BlPMZ 1976, 138).

Für die Anhörung müssen Prüfer und Anmelder mit der Sache und dem Akteninhalt vertraut sein. Sollen bisher noch nicht erörterte Fragen besprochen werden, ist in der Ladung zur Anhörung darauf hinzuweisen.

Der Prüfer kann von sich aus eine Anhörung oder eine Vorführung vorschlagen, wenn er sie für nötig hält.

Hat eine Anhörung vor einem Prüferwechsel stattgefunden, sollte sie nur dann wiederholt werden, wenn der neue Prüfer aufgrund schwerwiegender Gründe die Auffassung seines Vorgängers nicht teilen kann. Der neue Prüfer muss seine abweichende Auffassung in einem Bescheid mitteilen.

Zu Beginn einer Anhörung muss sich der Anmelder oder sein Vertreter ausweisen, sofern er dem Prüfer nicht persönlich bekannt ist. Von einem nicht anwaltlichen Vertreter ist regelmäßig die Vorlage einer Vollmachtsurkunde zu verlangen (§ 18 Abs. 3 DPMAV [Neu: § 15 Abs. 4]).

In der Anhörung sollte der Prüfer zunächst die streitigen und unklaren Punkte erörtern. Der Prüfer kann dem Anmelder hierbei Vorschläge unterbreiten. Wird über die Frage der Patentierbarkeit Einigung erzielt, empfiehlt es sich, den Wortlaut der Patentansprüche und, wenn möglich, auch den Aufbau der Beschreibung festzulegen.

Über die Anhörung und eine in ihrem Zusammenhang ggf. durchgeführte Vernehmung ist eine Niederschrift zu fertigen, die den wesentlichen Gang der Anhörung wiedergeben soll.

Zu protokollieren sind:


    a) Ort, Datum, Anwesende und Verlauf der Anhörung,

    b) neuer Stand der Technik sowie neue rechtliche Gesichtspunkte, die in das Verfahren eingebracht worden sind,

    c) alle rechtserheblichen Erklärungen, die den beanspruchten Anmeldungsgegenstand materiell verändern oder das Verfahren berühren, insbesondere Anträge, Antragsänderungen und Antragsrücknahmen, einschließlich der Änderungen der Anmeldeunterlagen, Verzichts-, Ausscheidungs- und Teilungserklärungen, die Zusammenführung von Anmeldungen sowie die Erklärung über ein Zusatzverhältnis.

Weicht der Prüfer aufgrund der Anhörung von seiner bisherigen Auffassung ab, muss die Niederschrift diejenigen Gründe erkennen lassen, die zu dieser Änderung geführt haben.

Die Niederschrift ist vom Prüfer zu unterzeichnen. Die Beteiligten erhalten eine Abschrift der Niederschrift.

Es ist zweckmäßig, die in das Protokoll aufzunehmenden rechtserheblichen Erklärungen von den Beteiligten gegenzeichnen zu lassen. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine Voraussetzung der Wirksamkeit des Protokolls oder der abgegebenen Erklärung, sondern um eine Frage des Nachweises.

Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 PatG ist eine Niederschrift unter Anwendung der §§ 160a, 162 und 163 ZPO zu fertigen. Also kann der Inhalt des Protokolls mit Kurzschrift oder mit einem Tonaufnahmegerät vorläufig aufgezeichnet werden. Die Aufzeichnungen müssen in diesem Falle vor Ende der Anhörung nochmals vorgelesen bzw. abgespielt werden. In der Niederschrift sind diese Tatsache und die Genehmigung der Beteiligten bzw. Einwendungen zu vermerken. Die Niederschrift des Protokolls ist im Falle der vorläufigen Aufzeichnung unverzüglich nach der Anhörung herzustellen.

Berührt der Anmeldungsgegenstand Prüfungsgebiete mehrerer Prüfungsstellen oder ist eine zusätzliche besondere Fachkunde erforderlich, können bei Einverständnis der Erschienenen Kollegen, die für die weiteren Prüfungsgebiete zuständig sind oder die zusätzliche besondere Fachkunde aufweisen, zur Teilnahme an der Anhörung gebeten werden; Teilnahme und Einverständnis sind in der Niederschrift zu vermerken.

Am Ende der Anhörung sollte i.d.R. ein Beschluss der Prüfungsstelle über die Anmeldung verkündet werden. Die Verkündung und der Tenor des verkündeten Beschlusses sind in die Niederschrift über die Anhörung aufzunehmen. Wird das Patent erteilt, sind die Unterlagen vor Verkündung in einen erteilungsreifen Zustand zu bringen. Der Beschluss ist dann zuzustellen (§ 47 Abs. 1 Satz 1 und 2 PatG).

Bei der Beschlussverkündung genügt es, den Tenor des Beschlusses bekannt zu geben und auf die schriftliche Begründung zu verweisen. Wenn der Prüfer es für angemessen erachtet, teilt er auch den wesentlichen Inhalt der Gründe mündlich mit. Die schriftliche Begründung ist unverzüglich anzufertigen. Eventuelle Abweichungen der schriftlichen Begründung von den zunächst mündlich mitgeteilten Gründen sind zwar unschädlich, sollten aber möglichst vermieden werden.

An den verkündeten Beschluss ist das Deutsche Patent- und Markenamt gebunden. Schriftsätze der Beteiligten, die nach der Verkündung eingehen, dürfen – außer später bei Abhilfe nach Beschwerde (vgl. Abschnitt 3.9) – nicht mehr berücksichtigt werden.

3.6.2. Vorsprache ohne Ladung

Spricht ein Anmelder oder Vertreter ohne Ladung bei der Prüfungsstelle vor, ist dies in den Akten kurz zu vermerken, insbesondere wenn ein Beschleunigungs- oder Fristgesuch mündlich vorgebracht wird. Wird die sofortige Durchführung einer Anhörung gewünscht, entscheidet der Prüfer hierüber nach freiem Ermessen. Eine Verpflichtung zur Anhörung besteht nicht.

3.6.3. Telefonische Gespräche

Fragen, die nicht unbedingt in einem schriftlichen Bescheid erörtert werden müssen, sollen durch telefonische Gespräche mit dem Anmelder geklärt werden. Diese telefonischen Gespräche können jedoch keine Prüfungsbescheide ersetzen, in denen dem Anmelder zum Erfindungsgegenstand sachliche Stellungnahmen von erheblicher Tragweite mitgeteilt werden. Auch Anhörungen mit umfangreichen sachlichen Erörterungen können durch telefonische Gespräche nicht ersetzt werden. Ein Telefonat eignet sich in erster Linie für die kurze Erörterung der textlichen Fassung der Beschreibung, für die Klärung von Zweifelsfragen von neuen Unterlagen, für die Anforderung von Reinschriften oder ähnliche Vorgänge. Der zuständige Prüfer oder Sachbearbeiter des gehobenen Dienstes soll einen Aktenvermerk über das Telefongespräch fertigen.

3.7. Vorbereitung der Erteilung des beantragten Patents

3.7.1. Einreichung erteilungsreifer Unterlagen

Nach § 10 PatV ist in der Beschreibung die Erfindung anzugeben, für die in den Patentansprüchen Schutz begehrt wird; es sind in die Beschreibung keine Angaben aufzunehmen, die zur Erläuterung der Erfindung offensichtlich nicht notwendig sind. Nach § 14 PatG sind die Beschreibung und die Zeichnungen zur Auslegung der Patentansprüche heranzuziehen. Dies ist wichtig bei der Bestimmung des Schutzbereichs. Ist im Falle einer als patentierbar erachteten Erfindung Einverständnis mit dem Anmelder über die Anspruchsfassung erzielt worden, ist daher der Anmelder verpflichtet, die Beschreibung mit den geltenden Ansprüchen in Einklang zu bringen. Außerdem hat er die sonstigen Erfordernisse nach der PatV zu erfüllen. Zur Vereinfachung können anstelle der wörtlichen Zitate des Oberbegriffs und des kennzeichnenden Teils des Hauptanspruchs bezugnehmende Hinweise auf diese Anspruchsteile in die Beschreibung aufgenommen werden.

Auf Verlangen des Deutschen Patent- und Markenamts hat der Anmelder den ihm bekannten (relevanten) Stand der Technik anzugeben und in die Beschreibung aufzunehmen (§ 34 Abs. 7 PatG, § 10 Abs. 2 Nr. 2 PatV). Angabe des relevanten Standes der Technik bedeutet allerdings nicht, dass der Anmelder diesen selbst zu würdigen und zu beurteilen hat. Herabsetzende Bemerkungen über den Stand der Technik sind zu unterlassen.

Der Anmelder ist nötigenfalls durch entsprechende Hinweise aufzufordern, die noch erforderlichen Einzelmaßnahmen vorzunehmen. Zur Beschleunigung des Verfahrens können ggf. auch konkrete Änderungsvorschläge durch den Prüfer beitragen. Bei Personen, die mit patentamtlichen Verfahren vertraut sind, kann jedoch in der Regel davon ausgegangen werden, dass allgemeine Hinweise auf die gesetzlichen Vorschriften genügen.

Es ist zu beachten, dass die Änderungen keine unzulässigen Erweiterungen (vgl. § 38 PatG) beinhalten dürfen. Deshalb sind Forderungen nach Änderungen auf den notwendigen Umfang zu beschränken.

Der Anmelder muss Reinschriften, die die Änderungen der Patentansprüche oder der Beschreibung berücksichtigen, einreichen (§ 15 Abs. 1 PatV).

3.7.2. Redaktion der Unterlagen

Die Patentschriften sind amtliche Veröffentlichungen. Sie dürfen keine Angaben enthalten, deren Veröffentlichung gegen die guten Sitten oder gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen würde.

Für die sprachlich fehlerfreie Fassung der Patentschriften ist der Anmelder verantwortlich. Eine redaktionelle Überarbeitung der Unterlagen durch den Prüfer kann unterbleiben, wenn die eingereichten Unterlagen bereits eine klare und sprachlich vertretbare Darstellung enthalten. Insbesondere soll der Prüfer die sprachlichen Eigenheiten des Anmelders respektieren.

Nach Verkündung des Erteilungsbeschlusses oder dessen Abgabe an den Dokumentenversand werden – außer im Fall der Abhilfe nach Beschwerde – Änderungen in den Unterlagen nicht mehr vorgenommen.

3.8. Beschlüsse der Prüfungsstelle (§ 47 PatG)

Jede abschließende Regelung einer Prüfungsstelle, die die Rechte eines Beteiligten berührt, ist ein Beschluss. Beschlüsse sind zu begründen, schriftlich auszufertigen und den Beteiligten von Amts wegen zuzustellen.

Aufbau und Inhalt der Beschlüsse richten sich nach den Erfordernissen des Einzelfalles. Der Beschluss enthält zu Beginn die besondere, von der Begründung äußerlich getrennte Beschlussformel (Tenor). Diese enthält die eigentliche Entscheidung.

Die Begründung muss sich auf alle für die Entscheidung maßgebenden Streitpunkte erstrecken. Sie erfordert eine nähere Darlegung aller tatsächlichen und rechtlichen Überlegungen, die die Prüfungsstelle zu der getroffenen Entscheidung veranlasst haben.

Unveröffentlichte Entscheidungen sollten möglichst nicht zitiert werden. Die Prüfungsstelle kann sich aber die in der unveröffentlichten Entscheidung vertretene Auffassung mit einer inhaltlichen Begründung zu Eigen machen.

Einer ausführlichen Begründung bedarf es dann nicht, wenn die Anmeldung zurückgewiesen wird, weil die in einem Bescheid ausdrücklich gerügten Mängel nicht beseitigt wurden und der Anmelder sich hierzu nicht geäußert hat. In diesen Fällen kann auf die Gründe des Bescheides verwiesen werden.

Ferner bedarf es keiner Begründung, wenn nur der Anmelder am Verfahren beteiligt ist und seinem Antrag stattgegeben wird (§ 47 Abs. 1 Satz 3 PatG). Dies trifft beispielsweise auf die antragsgemäße Erteilung eines Patents und den eine Wiedereinsetzung gewährenden Beschluss zu, soweit dieser im einseitigen Verfahren erlassen wird. Im Fall der gewährten Wiedereinsetzung sind die Gründe, aus denen wiedereingesetzt wurde, in einer kurzen Aktennotiz festzuhalten.

Der schriftlichen Ausfertigung eines Beschlusses ist eine Rechtsmittelbelehrung gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 PatG beizufügen. Ist die Belehrung unterblieben oder unrichtig erteilt, kann Beschwerde noch innerhalb eines Jahres seit Zustellung des Beschlusses eingelegt werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn eine schriftliche Belehrung dahin gehend erfolgt ist, dass eine Beschwerde nicht statthaft sei.

Die Beschlüsse werden mit der Verkündung oder mit der förmlichen Zustellung wirksam. Inneramtlich tritt eine Selbstbindung bereits mit Abgabe des Beschlusses an den Dokumentenversand ein.

3.8.1. Erteilungsbeschluss (§ 49 PatG)

Wenn der Anmeldungsgegenstand nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist und die Anmeldung den Anforderungen der §§ 34, 37 und 38 PatG genügt sowie etwaige nach § 45 Abs. 1 PatG gerügte Mängel der Zusammenfassung beseitigt sind, beschließt die Prüfungsstelle die Erteilung des Patents. Der Erteilungsbeschluss kann auch dann nicht widerrufen werden, wenn er rechtswidrig ist.

Die Erteilung wird im Patentblatt veröffentlicht. Mit der Veröffentlichung treten die gesetzlichen Wirkungen des Patents ein (§ 58 PatG).

3.8.2. Zurückweisungsbeschluss (§ 48 PatG)

Die Prüfungsstelle weist die Anmeldung zurück, wenn eine patentfähige Erfindung nicht vorliegt oder die nach § 45 PatG Abs. 1 gerügten Mängel nicht beseitigt wurden. Wird in einer Anhörung ein Antrag auf Entscheidung nach Lage der Akten gestellt, müssen die in der Anhörung vorgetragenen Argumente im Beschluss behandelt werden.

3.9. Beschwerde und Abhilfe

Nach § 73 Abs. 1 PatG findet gegen die Beschlüsse der Prüfungsstellen die Beschwerde statt.

Für die Frage, ob eine Beschwerde statthaft ist, ist es unerheblich, ob die Entscheidung der Prüfungsstelle in Form eines Beschlusses, einer Verfügung oder eines Bescheids ergangen ist. Entscheidend ist vielmehr, ob es sich um eine abschließende, die Rechte des Anmelders berührende Regelung handelt.

Die Beschwerde ist schriftlich beim Deutschen Patent- und Markenamt einzulegen (§ 73 Abs. 2 Satz 1 PatG). Mit Einreichung der Beschwerde wird die Beschwerdegebühr nach dem Patentkostengesetz fällig. Wird die Beschwerdegebühr nicht innerhalb der Beschwerdefrist gezahlt, gilt die Beschwerde als nicht eingelegt (§§ 2, 3, 6 PatKostG).

Die Prüfungsstelle hat eine eingegangene Beschwerde zunächst daraufhin zu prüfen, ob sie zulässig und dann, ob sie sachlich begründet ist. Von dem Ergebnis dieser Prüfung ist es abhängig, ob der Beschwerde abzuhelfen ist. Hält die Prüfungsstelle die Beschwerde für sachlich begründet, muss sie ihr abhelfen (§ 73 Abs. 3 Satz 1 PatG). Die Abhilfe ist jedoch unzulässig, wenn dem Beschwerdeführer ein anderer an dem Verfahren Beteiligter gegenübersteht (§ 73 Abs. 4 PatG). Ein anderer Beteiligter ist z.B. der Antragsgegner im Akteneinsichtsverfahren. Ferner darf nur dann abgeholfen werden, wenn die Beschwerde zulässig ist, d.h., wenn sie frist- und formgerecht eingelegt worden ist.

Die Abhilfe setzt voraus, dass die von der Prüfungsstelle bisher aufgezeigten Zurückweisungsgründe nicht mehr bestehen, beispielsweise weil die Beschwerdebegründung die Prüfungsstelle von der anderen Auffassung überzeugt hat oder weil geforderte Änderungen vorgenommen wurden. Wird der Beschwerde abgeholfen, kann die Prüfungsstelle nach § 73 Abs. 3 Satz 2 PatG anordnen, dass die Beschwerdegebühr zurückgezahlt wird.

Die Rückzahlung der Beschwerdegebühr ist dann anzuordnen, wenn es nicht der Billigkeit entspricht, die Gebühr einzubehalten. Dies ist der Fall, wenn der Beschwerdeführer durch einen offensichtlichen Fehler des Deutschen Patent- und Markenamts veranlasst worden ist, Beschwerde einzulegen. Hiermit sind also Fälle gemeint, in denen die Beschwerde ohne den gerügten Fehler nicht erforderlich gewesen wäre. Gleiches gilt auch dann, wenn die Beschwerde aufgrund einer unzweckmäßigen Handhabung des Verfahrens eingelegt wurde.

Der Beschwerde ist abzuhelfen, wenn sie innerhalb eines Monats nach deren Einlegung mit Gründen und/oder neuen Unterlagen versehen wird und die Prüfung ergibt, dass die Beschwerde begründet ist. Andernfalls ist sie mit Ablauf der Vorlagefrist ohne sachliche Stellungnahme dem Bundespatentgericht vorzulegen (§ 73 Abs. 3 Satz 3 PatG), auch wenn weitere Eingaben angekündigt werden.

4. Besondere Verfahrensarten und Anmeldungsgegenstände

4.1. Behandlung von Zusatzanmeldungen

Die Erteilung eines Zusatzpatents kann innerhalb von 18 Monaten nach dem Anmelde- oder Prioritätstag der Hauptanmeldung beantragt werden (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 2 PatG).

Bei der Anmeldung eines Zusatzpatents ist zunächst festzustellen, ob die Hauptanmeldung oder das Hauptpatent noch besteht und ob der Anmelder der Hauptanmeldung und der Zusatzanmelder identisch sind. Die Personenidentität kann noch bis zum Zeitpunkt der Erteilung des Zusatzpatents herbeigeführt werden. Dann ist der Gebührenvorteil für die Zusatzanmeldung ab Beantragung der Erteilung eines Zusatzpatents zu gewähren.

Der Gegenstand der Zusatzanmeldung muss eine Verbesserung oder weitere Ausbildung des Gegenstands des Hauptpatents sein (vgl. § 16 Abs. 1 Satz 2 PatG). Ein Zusatzpatent kann deshalb nur auf solche Gegenstände erteilt werden, die auch zusammen mit dem Gegenstand der Hauptanmeldung als einheitliche Erfindung hätten angemeldet werden können.

4.1.1. Wegfall des Hauptpatents oder der Hauptanmeldung

Fällt das Hauptpatent oder die Hauptanmeldung fort, ist auch das Zusatzverhältnis beendet. Hierbei sind folgende Konstellationen denkbar:


a) Fällt das Hauptpatent durch Widerruf o.a. fort, wird das bisherige Zusatzpatent kraft Gesetzes zu einem selbständigen Patent, § 16 Abs. 2 Satz 1 PatG, und wird gebührenpflichtig. Fälligkeitstag und Jahresbetrag richten sich nach dem Anfangstag des bisherigen Hauptpatents, § 17 Abs. 2 Satz 2 PatG.

b) Fällt das Hauptpatent oder die Hauptanmeldung bei einer Anmeldung auf Erteilung eines Zusatzpatents fort, ist dem Anmelder Gelegenheit zu geben, seinen Antrag umzustellen, nämlich auf Erteilung eines selbständigen Patents. In diesem Fall besteht Nachzahlungspflicht wie für eine von Anfang an selbständige Anmeldung, § 17 Abs. 2 Satz 3 PatG. Wird ein solcher Antrag nicht gestellt, ist die Anmeldung zurückzuweisen.

c) Die Nachzahlungspflicht besteht auch dann, wenn eine Zusatzanmeldung kraft Gesetzes nach §§ 43 Abs. 2 Satz 4, 44 Abs. 3 Satz 2 PatG als Anmeldung eines selbständigen Patents gilt.

4.1.2. Streit über das Vorliegen eines Zusatzverhältnisses

Ist die Prüfungsstelle der Auffassung, dass die Voraussetzungen für die beantragte Erteilung eines Zusatzpatents nicht vorliegen, werden Jahresgebühren für diese Anmeldung vor einer endgültigen Klärung der Streitfrage nicht fällig.

Wird der Antrag auf Erteilung eines Zusatzpatents aufrecht erhalten, ist die Zusatzanmeldung zurückzuweisen, wenn die Prüfungsstelle die Argumente des Anmelders nicht teilt. Schließt sich der Anmelder der Auffassung der Prüfungsstelle an und wandelt er den Antrag auf Erteilung eines Zusatzpatents in einen Antrag auf Erteilung eines selbständigen Patents um, werden die inzwischen aufgelaufenen Gebühren mit Eingang der Erklärung fällig.

Geht die Erklärung erst nach der Zurückweisung der Anmeldung und Einlegung der Beschwerde gegen den Zurückweisungsbeschluss ein und wird der Beschwerde von der Prüfungsstelle daraufhin abgeholfen, beginnt die Zweimonatsfrist zur Zahlung der Gebühren ohne Verspätungszuschlag (vgl. § 7 Abs. 1 Satz 1 PatKostG) nicht bereits mit Eingang der Erklärung, sondern mit der Zustellung des Abhilfebeschlusses. Ist das Verfahren vor dem Bundespatentgericht anhängig und gibt das Bundespatentgericht einem Hilfsantrag auf Erteilung eines selbständigen Patents statt, beginnt die Zweimonatsfrist mit dem Tag der Verkündung oder mit dem Tag der Zustellung der Entscheidung an den Anmelder.

4.1.3. Fälligkeit der laufenden Jahresgebühren

Die besondere Fälligkeit der aufgelaufenen Jahresgebühren hat keinen Einfluss auf die gesetzlich geregelte Fälligkeit der danach entstehenden laufenden Jahresgebühren. Die Fälligkeit dieser Jahresgebühren richtet sich nach § 17 Abs. 1 PatG und §§ 2, 3 Abs. 2, 7 Abs. 1 PatKostG.

4.2. Anmeldungen, die biotechnologische Erfindungen zum Gegenstand haben

4.2.1. Allgemeines

Biotechnologische Erfindungen sind Erfindungen, die ein Erzeugnis zum Gegenstand haben, das aus biologischem Material besteht oder dieses enthält, oder ein Verfahren mit dem biologisches Material hergestellt, bearbeitet oder verwendet wird. Biologisches Material ist ein Material, das genetische Informationen, d.h. seinen Bauplan, enthält und kann sich daher selbst reproduzieren oder in einem biologischen System reproduziert werden. Ein mikrobiologisches Verfahren ist jedes Verfahren, bei dem mikrobiologisches Material verwendet, ein Eingriff in mikrobiologisches Material durchgeführt oder mikrobiologisches Material hervorgebracht wird.

Biotechnologische Erfindungen sind auf der Grundlage des geltenden Patentgesetzes schutzfähig. Durch die Richtlinie 98/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen vom 6. Juli 1998 (ABl. EG Nr. L 213 S. 13 ff.) sollen harmonisierte gemeinschaftsweite Regelungen zur Patentierung derartiger Innovationen festgeschrieben werden. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Richtlinie (Bundestags-Drucksache 15/1709 vom 15. Oktober 2003) wird derzeit in den gesetzgebenden Gremien beraten. [Siehe: Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie über den rechtlichen Schutz biotechnologischer Erfindungen“ vom 21. Januar 2005 (BGBl. I/2005, S. 146 ff.; in Kraft ab 28.2.2005)]. Die Vorschriften der Richtlinie 98/44/EG sind bei der Prüfung biotechnologischer Erfindungen ergänzend heranzuziehen.

Mikrobiologische Verfahren und deren Erzeugnisse (§ 2 Nr. 2 Satz 2 PatG) sind auch dann einem Patentschutz zugänglich, wenn an Stelle einer Beschreibung, in der ein wiederholbares Herstellungsverfahren für das anmeldungsgemäß eingesetzte und/oder beanspruchte biologische Material angegeben ist, eine Probe dieses biologischen Materials hinterlegt wird. Die Hinterlegung hat die nach § 34 Abs. 4 PatG vorgeschriebene Offenbarung der Erfindung zu gewährleisten. Die Hinterlegung von biologischem Material, der Zugang hierzu sowie die erneute Hinterlegung von biologischem Material werden in Kapitel IV der Richtlinie 98/44/EG abgehandelt. Zur Umsetzung in nationales Recht soll eine Rechtsverordnung nach § 34 Abs. 8 PatG erlassen werden, die gegenwärtig erarbeitet wird. [Siehe: Verordnung über die Hinterlegung von biologischem Material in Patent- und Gebrauchsmusterverfahren (Biomaterial-Hinterlegungsverordnung – BioMatHintV) vom 24. Januar 2005 (BGBl. I/2005, S. 151 ff.)]

Richtet sich die Anmeldung auf ein mikrobiologisches Verfahren selbst, ersetzt die Hinterlegung des Verfahrensprodukts nicht den Nachweis der Wiederholbarkeit dieses Verfahrens (BGH in BlPMZ 1987, 201 ff. – Tollwutvirus –). Enthält die Anmeldung jedoch die Beschreibung eines wiederholbaren Herstellungsverfahrens für das biologische Material, bedarf es selbstverständlich keines Nachweises seiner Hinterlegung. Vektoren, wie z.B. Plasmide, müssen nicht hinterlegt werden, wenn entweder ein wiederholbares Herstellungsverfahren oder eine vollständige Nukleotidsequenz angegeben wird. Die vollständige Nukleotidsequenz ist in elektronischer Form vorzulegen (§ 11 PatV i.V.m. Anlage 1).

Eine ordnungsgemäße Hinterlegung für das nationale Patentverfahren kann entweder nach den Grundsätzen der „Bäckerhefe“-Entscheidung (BGH in BlPMZ 1975, 171 ff.) oder bei einer international anerkannten Hinterlegungsstelle nach dem Budapester Vertrag über die internationale Anerkennung der Hinterlegung von Mikroorganismen für die Zwecke von Patentverfahren vom 28. April 1977 (im folgenden „Budapester Vertrag“ genannt; BlPMZ 1981, 53 ff.) erfolgen. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen beiden Möglichkeiten besteht darin, dass es bei einer Hinterlegung nach dem Budapester Vertrag für die Herausgabe einer Probe des biologischen Materials an Dritte keiner gesonderten Freigabeerklärung bedarf. Durch eine hinreichend bestimmte Freigabeerklärung des Hinterlegers muss gewährleistet sein, dass die Öffentlichkeit vom Tag der ersten Veröffentlichung der Anmeldung bzw. des Patents an von dem hinterlegten biologischen Material Kenntnis nehmen kann. Von diesem Tag an muss auch die Möglichkeit des Zugriffs auf diesen Mikroorganismus ausreichend lange sichergestellt sein.

Die Erfordernisse einer Hinterlegung im Einzelnen

4.2.2.1. Hinterlegungszeitpunkt

Das biologische Material ist spätestens am Anmelde- oder Prioritätstag bei einer anerkannten, unparteiischen Hinterlegungsstelle zu hinterlegen. Anerkannt sind zumindest die internationalen Hinterlegungsstellen, die diesen Status nach Artikel 7 des Budapester Vertrags erworben haben.

4.2.2.2. Angaben zur Hinterlegungsstelle und zum hinterlegten biologischen Material

In den ursprünglichen Anmeldeunterlagen müssen stets die Hinterlegungsstelle und die von dieser vergebene oder vom Anmelder dort angegebene Bezeichnung des biologischen Materials enthalten sein. Durch diese Angaben muss eine eindeutige Zuordnung der Anmeldung zum hinterlegten biologischen Material möglich sein. Dies gilt auch dann, wenn der Mikroorganismus bereits von Dritten hinterlegt worden ist (BGH in BlPMZ 1981, 418 ff. – Erythronolid –). Die ursprünglichen Unterlagen sollen auch die dem Anmelder bekannten einschlägigen Informationen bezüglich der Eigenschaften des hinterlegten biologischen Materials sowie dessen wissenschaftliche Bezeichnung enthalten.

4.2.2.3. Aufbewahrungsdauer

Die ausreichende Dauer der Aufbewahrung des biologischen Materials durch die Hinterlegungsstelle muss spätestens am Anmeldetag unwiderruflich gewährleistet sein (BPatG in BlPMZ 1987, 402; Mitt. PräsDPA Nr. 14/87 in BlPMZ 1987, 365). Die Aufbewahrungsdauer ist ausreichend, wenn sie Regel 9.1 der Ausführungsordnung zum Budapester Vertrag entspricht (BPatG in BlPMZ 1978, 214 f.). Das hinterlegte Material muss mindestens für die gesetzlich mögliche Patentdauer bzw. bis zum möglichen Ablauf eines ergänzenden Schutzzertifikats für Arznei- oder Pflanzenschutzmittel zuzüglich einer angemessenen Nachfrist aufbewahrt werden. Eine Nachfrist von fünf Jahren wird regelmäßig als angemessen angesehen. Die Nachfrist beginnt mit dem Ablauf der gesetzlich möglichen Schutzdauer. Mit jedem innerhalb der Nachfrist von fünf Jahren eingegangenen Antrag eines Dritten auf Abgabe einer Probe beginnt die Nachfrist erneut zu laufen. Die ausreichende Aufbewahrungsdauer muss auch dann am Anmelde- oder Prioritätstag gewährleistet sein, wenn das biologische Material von einem Dritten hinterlegt worden ist (BGH in BlPMZ 1981, 418 ff. – Erythronolid –).

4.2.2.4. Abgabe von Proben

Das hinterlegte biologische Material wird durch die Herausgabe von Proben zugänglich gemacht. Der Hinterleger des Materials muss die Hinterlegungsstelle durch eine ihr gegenüber spätestens am Anmeldetag abgegebene Erklärung unwiderruflich ermächtigt haben, vermehrungsfähige Proben des hinterlegten biologischen Materials auszuhändigen, und zwar


a) auf Anforderung jederzeit an die Patenterteilungsbehörde und

b) an jeden Dritten vom Zeitpunkt der ersten Veröffentlichung der Patentanmeldung an. Dies ist der Zeitpunkt der Offenlegung oder, wenn die Erteilung vor der Offenlegung erfolgen sollte, der Zeitpunkt der Erteilung des Patents (BPatG in BlPMZ 1987, 402 ff.).

Das hinterlegte biologische Material muss der Verfügungsmacht des Hinterlegers spätestens vom Anmeldetag an unwiderruflich entzogen sein. Der Hinterleger darf für die Dauer der Hinterlegung keinen Anspruch auf Rückgabe des hinterlegten biologischen Materials gegenüber der Hinterlegungsstelle haben. Dementsprechend muss gewährleistet sein, dass die Hinterlegungsstelle einem entsprechenden Verlangen des Hinterlegers nicht stattgibt.

Die Hinterlegungsstelle muss bereit sein, gemäß der Freigabeerklärung des Hinterlegers zu verfahren. Diese Bereitschaft muss nachgewiesen sein.

Der Anmelder kann die Abgabe von Proben beschränken. Er kann bestimmen, dass Dritte eine Probe des hinterlegten biologischen Materials nur dann erhalten, wenn sie sich verpflichten, die Probe einschließlich einer von ihr abgeleiteten Kultur während der Anhängigkeit der Anmeldung und der Dauer des Schutzes weder an andere Personen weiterzugeben noch aus dem Geltungsbereich des Patentgesetzes zu verbringen. Als abgeleitete Kultur ist jede Kultur anzusehen, die noch die für die Ausführung der Erfindung wesentlichen Merkmale des hinterlegten biologischen Materials hat.

Bei einer Hinterlegung nach dem Budapester Vertrag ist eine gesonderte Freigabeerklärung nicht erforderlich. Der Anmelder kann allerdings die Abgabe von Proben im oben dargelegten Umfang beschränken.

4.2.2.5. Nachweis der Hinterlegungserfordernisse

Sofern der Anmeldung die erforderlichen Nachweise über die Hinterlegung nicht beigefügt sind, ist dies – wenn der Mangel offensichtlich ist – im Rahmen der Offensichtlichkeitsprüfung, sonst im Prüfungsverfahren zu beanstanden. Der Anmelder ist dann zur Vorlage geeigneter Nachweise (Hinterlegungsbescheinigung, ggf. gesonderte Freigabeerklärung) aufzufordern.

4.3. Anmeldungen, die DV-Programme oder Regeln enthalten

4.3.1. Patentschutz für Erfindungen mit DV-Programmen, programmbezogenen Verfahren, Regeln oder dergleichen

Erfindungen, die ein DV-Programm, eine Rechen- oder eine Organisationsregel, sonstige Software-Merkmale oder ein programmbezogenes Verfahren enthalten, sind dem Patentschutz grundsätzlich zugänglich, sofern sie eine technische Lehre enthalten. Technisch ist eine Lehre zum planmäßigen Handeln unter Einsatz beherrschbarer Naturkräfte zur Erreichung eines kausal übersehbaren Erfolgs (BGH, zuletzt in BlPMZ 2000, 276, 278 – Sprachanalyseeinrichtung –).

4.3.2. Programme, Regeln als solche

Von der Patentierbarkeit ausgenommen sind gemäß § 1 Abs. 2 PatG unter anderem


a) Pläne, Regeln und Verfahren für gedankliche Tätigkeiten, für Spiele oder für geschäftliche Tätigkeiten (z.B. ein Plan zur Erlernung bestimmter Fähigkeiten, ein Verfahren zur Lösung von Denksportaufgaben oder ein Plan zur Organisation einer kommerziellen Dienstleistung) sowie Programme für Datenverarbeitungsanlagen (siehe dazu Abschnitt 4.3.3.), und

b) die Wiedergabe von Informationen (z.B. Literatur, Nachrichteninhalte).

Die in a) und b) genannten Gegenstände werden kraft Gesetzes nicht als Erfindungen angesehen; dieser Ausschluss gilt jedoch nur, wenn für diese Gegenstände als solche Schutz begehrt wird (§ 1 Abs. 3 PatG), d.h. sie sind nur vom Patentschutz ausgeschlossen, wenn sie losgelöst von einer konkreten Umsetzung beansprucht werden. Soweit sie dagegen zur Lösung eines konkreten technischen Problems Verwendung finden, sind sie – in diesem Zusammenhang – grundsätzlich patentfähig (BGH in Mitt. 2001, 553, 555 – Suche fehlerhafter Zeichenketten –).

Der Ausschluss gilt somit nicht für programmbezogene Erfindungen, d.h. in Programmen enthaltene oder als Verfahren oder Vorrichtung formulierte Anweisungen zum technischen Handeln. Soweit daher technische Verfahren oder Vorrichtungen im Zusammenhang mit den in § 1 Abs. 2 und 3 PatG genannten Gegenständen beansprucht werden, sind diese grundsätzlich patentfähig. Dies gilt insbesondere auch für Programme zur Abarbeitung bestimmter Verfahrensschritte auf den herkömmlichen Gebieten der Technik (vgl. BGH in Mitt. 2001, 553, 555 – Suche fehlerhafter Zeichenketten –).

4.3.3. Der technische Charakter der programmbezogenen Erfindung

Eine programmbezogene Erfindung hat technischen Charakter, wenn zur Lösung des der Erfindung zugrunde liegenden Problems von Naturkräften, technischen Maßnahmen oder technischen Mitteln (z.B. von hydraulischen Kräften, elektrischen Strömen in Schaltelementen und Regeleinrichtungen oder von Signalen in DV-Anlagen) Gebrauch gemacht wird oder wenn der Lösung technische Überlegungen zugrunde liegen (vgl. BGH in BlPMZ 2000, 273, 275 – Logikverifikation –).

Ob das der Fall ist, ist zunächst anhand der Merkmale des Patentanspruchs unter Berücksichtigung des Inhalts der genannten Anmeldungsunterlagen festzustellen.

Hierbei ist vom beanspruchten Gegenstand in seiner Gesamtheit auszugehen. Die einzelnen Merkmale sind nicht isoliert zu betrachten. Alle Merkmale, die zur Lösung des Problems gehören, d.h. alle Merkmale des Patentanspruchs, sind in die Betrachtung einzubeziehen, auch wenn es sich um nichttechnische Merkmale handelt (vgl. auch Abschnitt 3.3.3.2.4.). Der Bezug zur Technik muss aus dem Patentanspruch hervorgehen (vgl. BGH in BlPMZ 2000, 273, 274 – Logikverifikation –).

Auf der Basis einer wertenden Betrachtung des im Patentanspruch definierten Gegenstands ist festzustellen, ob dabei ein auf ein Verfahren oder ein Programm für Datenverarbeitungsanlagen oder auf eine entsprechende Vorrichtung gerichteter Anmeldungsgegenstand den im § 1 Abs. 1 PatG vorausgesetzten technischen Charakter aufweist. Bei Vorliegen sachgerechter Gründe können dabei einzelne Anspruchsmerkmale unter Berücksichtigung ihres nach fachmännischem Verständnis gegebenen Zusammenhangs unterschiedlich zu gewichten sein. Die Wertung der Technizität darf in ihrem Ergebnis aber nicht davon abhängen, ob der zu beurteilende Vorschlag neu und erfinderisch ist. Sie darf auch nicht einseitig darauf abstellen, was bekannt war und was an der angemeldeten Lehre neuartig ist. Entscheidend ist, wie das, was nach der beanspruchten Lehre im Vordergrund steht, aus der Sicht des Fachmanns zum Anmeldezeitpunkt zu verstehen und einzuordnen ist (vgl. BGH in BlPMZ 2000, 273, 275 – Logikverifikation – m.w.N.). Eine Untersuchung im Hinblick auf Unterschiede zum Stand der Technik findet nicht bereits bei der Prüfung des technischen Charakters des Gegenstands, sondern erst bei der Prüfung seiner Neuheit und der erfinderischen Tätigkeit statt.

4.3.4. Verfahren / Programm / Schaltung / Datenverarbeitungsanlage

Bei programmbezogenen Erfindungen ist der technische Charakter nicht davon abhängig, dass eine feste Schaltungsanordnung (Spezialschaltung) vorliegt. Derselbe Erfindungsgedanke, der einer solchen technischen Anordnung zugrunde liegt, kann auch als Verfahren und zwar als Zusammenwirken von Software mit programmierbarer Hardware patentfähig sein. Entscheidend ist, dass die Erfindung die Lösung des Problems unter Einsatz technischer Mittel oder technischer Überlegungen erfordert und lehrt (vgl. auch Abschnitt 4.3.3.).

Programmbezogene Erfindungen können daher auch dann technischen Charakter haben, wenn die zur Lösung herangezogenen technischen Mittel, also DV-Anlagen bzw. Rechner-, Schalt- oder Steuerelemente, bereits bekannt sind. Unschädlich ist, dass die Elemente für sich genommen jeweils in bekannter Weise arbeiten.

Auch der bestimmungsgemäße Gebrauch einer üblichen DV-Anlage steht dem technischen Charakter eines mittels Programm ausgeführten Verfahrens nicht entgegen. Die prägenden Anweisungen der beanspruchten Lehre müssen dabei der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen. Unter diesen Voraussetzungen ist die beanspruchte Lehre dem Patentschutz auch dann zugänglich, wenn sie als Computerprogramm oder in einer sonstigen Erscheinungsform geschützt werden soll, die eine Datenverarbeitungsanlage nutzt (vgl. BGH in Mitt. 2001, 553, 555 – Suche fehlerhafter Zeichenketten –). Dies gilt insbesondere für Herstellungs- und Steuerverfahren von technischen Anlagen, Maschinen und Geräten. So kann z.B. ein programmbezogenes Arbeitsverfahren für eine Steuervorrichtung technisch sein, wenn zur Lösung des Problems nach einer programmierten Anweisung arbeitende bekannte Steuerelemente eingesetzt werden müssen.

Insbesondere weist ein Programm eine technische Lehre auf, wenn es in technische Abläufe eingebunden ist, etwa dergestalt, dass es Messergebnisse aufarbeitet, den Ablauf von Vorgängen überwacht oder in anderer Weise steuernd oder regelnd wirkt. Das ist z.B. der Fall, wenn in einem Antiblockiersystem für Radbremsen Messfühler und Ventile über Steuersignale entsprechend einem programmbezogenen Verfahren verknüpft werden, wobei ein durch das Verhalten eines überwachten Rades ausgelöstes Signal dazu benutzt wird, eine bestimmte Veränderung des Bremsdrucks durch Betätigung eines Ventils zu vollziehen (vgl. BGH in BlPMZ 1981, 70 – Antiblockiersystem –).

Auch wer die automatische Anzeige einer nach einer bestimmten Rechenregel durchgeführten Verknüpfung verschiedener messtechnisch ermittelter Parameter ermöglicht, gibt eine Lehre zum technischen Handeln (vgl. BGH in BlPMZ 1992, 255 – Tauchcomputer –).

Allgemein ist eine programmbezogene Lehre dem Patentschutz zugänglich, wenn sie die Funktionsfähigkeit der DV-Anlage als solche betrifft und damit das unmittelbare Zusammenwirken ihrer Elemente ermöglicht (vgl. BGH in BlPMZ 1991, 345 – Seitenpuffer –).

4.3.5. Formulierung der Lehre im Anspruch

Einer Vorrichtung (Datenverarbeitungsanlage), die in bestimmter Weise programmtechnisch eingerichtet ist, kommt aufgrund ihrer gegenständlichen Ausbildung grundsätzlich technischer Charakter zu. Dies gilt beispielsweise auch dann, wenn auf der Anlage eine Bearbeitung von Texten vorgenommen wird. Für die Beurteilung des technischen Charakters einer Vorrichtung kommt es nicht darauf an, ob mit ihr ein (weiterer) technischer Effekt erzielt wird, ob die Technik durch sie bereichert wird oder ob sie einen Beitrag zum Stand der Technik leistet (BGH in BlPMZ 2000, 276 – Sprachanalyseeinrichtung –).

Eine in einem gegenständlich formulierten Anspruch enthaltene Lehre ist aber nicht unbedingt schon dadurch patentfähig, dass der Anspruch auf einen körperlichen Gegenstand gerichtet ist. Die Frage der Patentfähigkeit des Anspruchsgegenstands ist nicht allein mit der gewählten Kategorie des Anspruchs zu beantworten. Entscheidend ist vielmehr, was nach der beanspruchten Lehre im Vordergrund steht. Eine vom Patentierungsverbot erfasste Lehre (Computerprogramm als solches) wird nicht schon dadurch patentierbar, dass sie in einer auf einem herkömmlichen Datenträger gespeicherten Form zum Patentschutz angemeldet wird (BGH in Mitt. 2001, 553 – Suche fehlerhafter Zeichenketten –).

Etwas anderes gilt, wenn in einem Patentanspruch vorrichtungsmäßig gekennzeichnete Merkmale der Lösung eines konkreten technischen Problems dienen (vgl. BGH in BlPMZ 2000, 276 – Sprachanalyseeinrichtung -, BGH in Mitt. 2001, 553, 556 – Suche fehlerhafter Zeichenketten –).

4.3.6. Behandlung von Zweifelsfällen

Zur Feststellung des technischen Charakters der Erfindung reicht es aus, wenn die Voraussetzungen der Technizität unter Berücksichtigung der oben genannten Grundsätze glaubhaft gemacht sind. Sprechen somit gute Gründe dafür, dass die Erfindung technisch ist, reichen verbleibende Zweifel zur Verneinung des technischen Charakters in der Regel nicht aus.

4.3.7. Darstellung der Anmeldung

Die Anmeldungen sind in der deutschen Fachsprache abzufassen. Sie können aber die üblichen fremdsprachigen Fachausdrücke aus dem Gebiet der Datenverarbeitung enthalten.

In den Patentansprüchen sind neben oder anstelle von Strukturangaben (schaltungstechnische Details) auch übliche wirkungs- und funktionsbezogene Angaben zulässig.

Die Beschreibung kann durch Diagramme, die den Ablauf der Verarbeitung von Daten betreffen, ergänzt sein. Sie kann einen Datenflussplan, in dem die zeitliche Folge zusammengehöriger Vorgänge an den Daten und den Datenträgern angegeben wird, und einen Programmablaufplan, in dem die Gesamtheit aller beim Programmablauf möglichen Wege dargestellt wird, enthalten.

Kurze Auszüge aus einem Programm für DV-Anlagen in einer üblichen, genau bezeichneten Programmiersprache können in der Beschreibung zugelassen werden, wenn sie der Verdeutlichung dienen.

4.4. Unterlagen für die Offenlegungsschrift

Offenlegungsschriften dienen der Unterrichtung der Öffentlichkeit über das Entstehen möglicher Schutzrechte.

Kann die Offensichtlichkeitsprüfung nicht vor Ablauf der für die Offenlegung maßgebenden Frist (18 Monate, § 31 Abs. 2 Nr. 2 PatG) abgeschlossen werden, wird die Offenlegungsschrift mit unberichtigten Unterlagen gedruckt.

Die Offenlegung ist regelmäßig auch dann durchzuführen, wenn sich die Anmeldung im Beschwerdeverfahren befindet. Ausgenommen davon sind jedoch Beschwerden gegen die Akteneinsicht selbst, deren Zeitpunkt oder den vorgesehenen Inhalt der Offenlegungsschrift.

Die Offenlegungsschrift wird nicht veröffentlicht und der Hinweis gemäß § 32 Abs. 5 PatG unterbleibt, wenn die Patentschrift bereits veröffentlicht worden ist (sog. überrollende Veröffentlichung).

Für die Offenlegung sind grundsätzlich die ursprünglich eingereichten Unterlagen zu verwenden, wenn sie druckfähig sind. Fehlen bei Eingang die Zeichnungen, obwohl die Anmeldung eine Bezugnahme auf Zeichnungen enthält, oder die Zusammenfassung, und werden diese Unterlagen rechtzeitig nachgereicht, sind sie in die Offenlegungsschrift aufzunehmen.

Ist die Anmeldung ganz oder teilweise nicht in deutscher Sprache abgefasst, ist anstelle der fremdsprachigen Unterlagen die deutsche Übersetzung in die Offenlegungsschrift aufzunehmen, wenn sie rechtzeitig eingereicht wurde und den Voraussetzungen des § 14 PatV entspricht. Für den Druck der Offenlegungsschrift sind, nach Prüfung auf offensichtliche Mängel durch den Prüfer, auch solche Unterlagen zu verwenden, die deshalb nachgereicht worden sind, weil die ursprünglichen Unterlagen nicht druckfähig waren oder offensichtliche Fehler aufwiesen, oder die auf Verlangen der Prüfungsstelle zur Behebung eines offensichtlichen Mangels nachgereicht worden sind. Sonstige vom Anmelder unaufgefordert eingereichte neue Unterlagen sind zu den Akten zu nehmen. Sie werden nicht für die Offenlegungsschrift verwendet, auch dann nicht, wenn der Anmelder dies ausdrücklich beantragt hat. Im letzteren Fall soll dem Anmelder eine kurze Nachricht gegeben werden.

In allen Fällen, in denen der Offenlegungsschrift nicht nur die am Anmeldetag eingegangenen Unterlagen zugrundegelegt werden, ist auf der Titelseite der Offenlegungsschrift der Hinweis anzubringen, dass der Inhalt der Schrift von den am Anmeldetag eingereichten Unterlagen abweicht.

5. Ergänzende Regelungen für die Prüfung von Patentanmeldungen und Patenten mit Ursprung in der früheren DDR

Bei der Prüfung von Patenten und Patentanmeldungen, die ihren Ursprung im Beitrittsgebiet (ehem. DDR) haben und gemäß § 4 Erstreckungsgesetz – ErstrG (BlPMZ 1992, 202) – aus dem Beitrittsgebiet erstreckt worden sind, finden diese Richtlinien mit der Maßgabe Anwendung, dass sich die formellen und materiellen Schutzvoraussetzungen gemäß § 5 ErstrG nach dem Recht der früheren DDR richten.

5.1. Formelle Schutzvoraussetzungen

Soweit formelle Schutzvoraussetzungen in Frage stehen, findet auf Patentanmeldungen, die in der Zeit vom 1. März 1976 bis zum 31. Juli 1986 angemeldet worden sind, die Anordnung über die Erfordernisse für die Ausarbeitung und Einreichung von Erfindungsanmeldungen vom 5. November 1975 (BlPMZ 1976, 174) Anwendung. Patentanmeldungen, die in der Zeit vom 1. August 1986 bis zum 23. August 1990 angemeldet worden sind, unterliegen der Anordnung über die Erfordernisse für die Ausarbeitung und Einreichung von Patentanmeldungen vom 20. Mai 1986 (BlPMZ 1987, 161). Auf die in der Zeit vom 24. August bis zum 2. Oktober 1990 eingereichten Patentanmeldungen ist die Anordnung über die Anmeldung von Patenten vom 27. Juli 1990 (BlPMZ 1990, 412) anzuwenden.

5.2. Materielle Schutzvoraussetzungen

Die materiellen Schutzvoraussetzungen der bis zum 31. Dezember 1983 angemeldeten DD-Patente und Anmeldungen richten sich nach den §§ 1, 4 und 6 des Patentgesetzes für die DDR vom 6. September 1950. Soweit DD-Patente bzw. Anmeldungen in der Zeit vom 1. Januar 1984 bis zum 30. Juni 1990 angemeldet wurden, sind die §§ 5 und 6 des Gesetzes über den Rechtsschutz für Erfindungen (DDR-PatG) vom 27. Oktober 1983 in der bis zum 30. Juni 1990 geltenden Fassung anzuwenden. Die Vorschriften sind entsprechend der Rechtspraxis der früheren DDR auszulegen (vgl. BPatG in GRUR 1993, 733). Bei der Anwendung dieser Rechtsvorschriften ist zu beachten, dass das Grundgesetz nach Art. 1 des Einigungsvertrages seit dem 3. Oktober 1990 im Beitrittsgebiet in Kraft getreten ist. Die genannten Vorschriften sind daher verfassungskonform auszulegen. Ideologisch geprägte Wertvorstellungen und Rechtsmaximen sind daher nicht heranzuziehen. Die Anwendung des § 5 Abs. 5 DDR-PatG entsprach den in der Bundesrepublik Deutschland vorherrschenden Beurteilungskriterien (BPatG in GRUR 1993, 733, 735).

Die materiellen Schutzvoraussetzungen von Patenten bzw. Anmeldungen, die in der Zeit vom 1. Juli 1990 bis zum 2. Oktober 1990 eingereicht worden sind, richten sich nach §§ 5 und 6 des DDR-PatG in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Patentgesetzes und des Gesetzes über Warenkennzeichen vom 29. Juni 1990 (BlPMZ 1990, 347). Mit Rücksicht auf die mit der Neufassung beabsichtigte Annäherung des DDR-Patentrechts an das Recht der Bundesrepublik sind diese Vorschriften möglichst nach bundesrechtlichen Grundsätzen auszulegen. Dies gilt insbesondere für Rechtsbegriffe, die sowohl im Recht der Bundesrepublik als auch im Recht der früheren DDR verwendet werden (z.B. „Neuheit“, „gewerbliche Anwendbarkeit“, „erfinderische Tätigkeit“).

5.3. Sonderregelungen, die die Hinterlegung von Mikroorganismen betreffen

Die Notwendigkeit der Hinterlegung von Mikroorganismen oder anderem vermehrbaren Zellmaterial bestimmt sich bei nach § 4 ErstrG erstreckten Rechten nach § 1 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 der Anordnung über die Erfordernisse für die Ausarbeitung und Einreichung von Patentanmeldungen vom 20. Mai 1986 (BlPMZ 1987, 161) bzw. nach § 1 Abs. 2 der Anordnung über die Anmeldung von Patenten vom 27. Juli 1990 (BlPMZ 1990, 412). Die Anerkennung einer Hinterlegung ist durch die Anordnung über die Hinterlegung von Mikroorganismen bei der Vornahme von Erfindungsanmeldungen vom 27. September 1979 (BlPMZ 1983, 8) geregelt. Eine vor dem 3. Oktober 1990 bei einer vom früheren Patentamt der DDR anerkannten Hinterlegungsstelle vorgenommene Hinterlegung ist auch dann als ordnungsgemäße Offenbarung der Erfindung anzusehen, wenn die Hinterlegungsstelle den Anforderungen des bundesdeutschen Rechts nicht genügt hätte.


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